Wenn sich der lang gehegte Kinderwunsch nicht erfüllt und die Wahrscheinlichkeit „einfach“ schwanger zu werden mit steigendem Alter abnimmt, suchen Betroffene nach medizinischer Hilfe. Viele ungewollt kinderlose Paare und alleinstehende Frauen in Deutschland entscheiden sich bei einem unerfüllten Kinderwunsch für eine Behandlung im europäischen Ausland. Die Beweggründe sind vielfältig: von strengeren gesetzlichen Vorschriften in Deutschland über breitere Behandlungsmöglichkeiten bis hin zu teils kürzeren Wartezeiten und geringeren Kosten im Ausland.
Eine im Auftrag des Europäischen Verbraucherzentrums (EVZ) Deutschland durchgeführte repräsentative Umfrage zeigt, dass rund 12,5 % der Deutschen in ihrem Umfeld Personen kennen, die sich über eine Kinderwunschbehandlung im Ausland informiert haben. Unter den 40 bis 49-Jährigen sind es sogar 23%. Dem Interesse an den Möglichkeiten der Reproduktionsmedizin auch jenseits der deutschen Grenzen stehen im Internet unzählige Angebote gegenüber, die sich nur schwer vergleichen lassen. Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland informiert Patientinnen und Patienten über ihre Verbraucherrechte, wenn sie einen privaten Behandlungsvertrag mit einer Kinderwunschklinik im europäischen Ausland abschließen.
Fruchtbarkeitsbehandlungen im Ausland eröffnen Chancen, doch sie bergen auch emotionale und finanzielle Herausforderungen. Für Patientinnen und ihre Partner oder Partnerinnen ist die Wahl des Behandlungsortes eine wichtige Entscheidung, die mit der Hoffnung auf individuelle medizinische Beratung und eine persönlichere Betreuung verbunden ist. Dennoch sollten sich Interessierte bewusst sein, dass sich rechtliche und medizinische Rahmenbedingungen, etwa zu Aufklärungspflichten und Haftungsfragen, von denen in Deutschland unterscheiden können. Besteht beispielsweise ein Unterhaltsanspruch oder Erbrecht nach einer Samenspende? Das deutsche Samenspenderregistergesetz regelt, dass ein durch eine Samenspende gezeugtes Kind keine Ansprüche auf Unterhaltsleistungen oder Erbe gegenüber seinem genetischen Erzeuger hat. Der Spender wiederum hat keinen Anspruch auf Umgang mit den durch seine Spermaspende gezeugten Kindern. In Dänemark sind diese gegenseitigen Ansprüche von Samenspender und Kind ebenfalls ausgeschlossen, aber nicht überall sind diese Fragen so explizit geregelt.
Die Entscheidung für eine ausländische Kinderwunschklinik kann Wunsch-Eltern schwerfallen. Zentrale Fragen betreffen die Verfügbarkeit moderner Technologien sowie die Transparenz von Behandlungsabläufen und Kosten. Juliane Beckmann, Juristin im Europäischen Verbraucherzentrum (EVZ) Deutschland gibt zu bedenken:
„Es gibt leider immer wieder Kliniken, die mit unseriösen Angeboten, Rabatten oder Garantien werben. Ein unerfüllter Kinderwunsch ist ein sehr emotional aufgeladenes Thema, da ist es wichtig, Entscheidungen in Ruhe und mit Hilfe von vollständigen und klaren Informationen zu treffen.“
Zudem ist es wichtig, die Rechtslage des jeweiligen Landes zu berücksichtigen, da diese Einfluss auf die Behandlungsoptionen, den Schutz der Patientendaten und die Rechte des Kindes haben können.
Im Ausland stehen Patientinnen und Patienten verschiedene Behandlungsmöglichkeiten offen, die in Deutschland teilweise gar nicht zugänglich sind. Die Eizellenspende, die in Ländern wie Spanien, Griechenland oder Tschechien unter bestimmten Bedingungen legal und etabliert ist, ist in Deutschland aufgrund ethischer Bedenken bisher verboten. Samenspenden, mit einer Vielzahl an Informationen über den Spender, und die Lagerung von Eizellen oder Samenzellen sind in anderen europäischen Ländern möglich und dort oft günstiger als in Deutschland .
Das Europäische Verbraucherzentrum Deutschland bietet Orientierungshilfen für alle, die über eine Kinderwunschbehandlung im Ausland nachdenken. Die Verbraucherschützer können Patientinnen und Patienten außergerichtlich unterstützen, wenn sie ein Problem mit einem Unternehmen aus dem europäischen Ausland haben.
Quelle: Europäisches Verbraucherzentrum Deutschland
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