Tipps

Immer auf den letzten Drücker – Was tun gegen „Aufschieberitis“?

„Was du heute kannst besorgen, das verschiebe nicht auf morgen!“ Das Sprichwort ist alt. Offenbar gab es das Problem mit dem Aufschieben auch früher schon. Inzwischen scheint es sich aber immer weiter zu verbreiten. Weil auch Studierende oft betroffen sind, bieten viele Universitäten Hilfe an. Mit deren Tipps kann man die Aufschieberitis im neuen Jahr in den Griff kriegen.

Bild von 11066063 auf Pixabay

In Fachkreisen nennt man es prokrastinieren: Der Begriff stammt vom lateinischen „procrastinare“, was „aufschieben“ oder „auf Morgen verlegen“ bedeutet. Anstehende berufliche oder private Pflichten werden durch Übersprungshandlungen und Ersatztätigkeiten möglichst weit hinausgezögert. Prokrastinierende putzen also lieber die Wohnung, bevor sie sich an die Steuererklärung setzen. Es ist keinesfalls einfach nur mit Mangel an Disziplin gleichzusetzen, wie Prof. Dr. Cynthia Sende von der Hochschule Hof betont.

In jeder Lebenslage, so auch im Studium kann die „Aufschieberitis“ zum Problem werden. Da werden Prüfungen nach hinten verlegt oder Hausarbeiten erst „auf den letzten Drücker“ angefertigt. „Aus Umfragen unter unseren Studierenden wissen wir: Gerade am Anfang des Studiums fehlen oft Lernstrategien und das richtige Zeitmanagement. Im Ergebnis wird mehr Stress wahrgenommen, nicht selten verschlechtern sich die Klausurergebnisse, und die Prüfungsangst nimmt immer weiter zu“, so Prof. Sende. Insbesondere während der Corona-Zeit hätten sich diese Probleme zunehmend verschärft, berichtet die Professorin für Wirtschaftspsychologie. Befragungen der Hofer Studierenden ergaben, dass rund die Hälfte eine mittlere bis hohe Prokrastination aufweisen. Manche Studien – nationale und internationale – gehen sogar von 70 bis 90 Prozent aller Studierenden aus.

Grund genug für die Hochschule Hof ganz praktische Hilfe anzubieten: ein Training, um das eigene Selbstmanagement zu verbessern. „Wir arbeiten dabei besonders auch mit Ansätzen und Übungen aus der kognitiven Verhaltenstherapie – schließlich sind es ja in der Regel unangenehme Aufgaben, die mit besonders negativen Emotionen belegt sind, welchen man bevorzugt aus dem Weg geht. Diese Emotionen und Gedanken muss man besprechen und bearbeiten – auch mit anderen Betroffenen“, legt Prof. Sende dar.

„Das Ziel muss es immer sein, mit allem früher zu beginnen, um so möglichst bald das gute Gefühl zu haben, dass etwas bereits erledigt ist. Dabei kann man zum Beispiel mit einem persönlichen Belohnungssystem arbeiten“, betont die Dozentin. Was als Belohnung aufgefasst wird, könne dabei ganz individuell sein: „Für den Einen ist es schon der Haken an eine erledigte To-Do-Liste, für den Anderen ist es der Wochenendausflug, den man sich ansonsten zeitlich gar nicht erlauben könnte – das ist ganz unterschiedlich.“ Belohnungen in Form einer Note oder Leistungsbewertung kämen oft zu spät, um das Verhalten nachhaltig zu verändern. „Zudem ist problematisch, dass auch Ersatzhandlungen positive Konsequenzen haben können und befriedigen, während die negativen Konsequenzen des Aufschiebens erst später zutage treten.“

Darum helfe es, die soziale Kontrolle zu stärken. „Das Bilden von Lerngruppen, die sich gemeinsame Ziele oder Deadlines setzen, ist ein sehr effektives Mittel, um gegen das persönliche  Aufschieben vorzugehen“, rät die Expertin. So könne man sich gegenseitig oft am besten unterstützen, Verhaltensbarrieren auflösen, eigene Ausreden „enttarnen“ und sich Anregungen von anderen holen. „Hilfreich ist es in jedem Fall, von guten Studierenden höherer Semester zu lernen. Auch diesen Austausch fördern wir gezielt. Zudem vermitteln wir, sich statt Ergebniszielen – z.B. diese oder jene Note im Fach XY – lieber kontrollierbare Verhaltensziele zu setzen, also z.B. jeden Mittwoch eine Stunde XY üben. Während Ergebnisziele häufiger zu Frustrationen führen, können bei Verhaltenszielen schon während des Handelns Erfolgserlebnisse auftreten.“

Es gehe auch darum, die Wichtigkeit von Aufgaben einzuschätzen und Ablenkungen zu vermeiden: „Die emotionale Befreiung ist nach dem Erledigen der schwierigsten Aufgabe am höchsten, so dass auch kleinere Anforderungen schließlich viel einfacher von der Hand gehen. Das habe ich auch persönlich immer als enorm motivierend empfunden“, berichtet die Dozentin. Die Universität Münster hat eine Prokrastinationsambulanz. Auf der Internetseite wird Menschen, die unter Prokrastination leiden, empfohlen, sich professionelle Unterstützung durch eine Beratungsstelle oder psychologische Psychotherapie zu suchen.

Es gibt dort auch folgende Verhaltenstipps:

1. Wählen Sie eine konkrete Aufgabe aus, die Sie immer wieder vor sich herschieben.


2. Beobachten Sie sich selbst genau über mehrere Tage. Finden Sie heraus, unter welchen Bedingungen Sie der Aufgabe aus dem Weg gehen und unter welchen Bedingungen Sie sich damit befassen.


3. Definieren Sie möglichst kleine und konkrete Schritte, die in dieser Sache als nächstes getan werden sollen.


4. Legen Sie pro Tag einen genauen Zeitpunkt, eine klare Zeitspanne und einen konkreten Ort fest, an dem dieser nächste Schritt getan werden soll.


5. Achten Sie darauf, sich nicht von vorneherein mehr vorzunehmen, als Sie schaffen können.


6. Entwickeln Sie Erinnerungshilfen, damit Ihnen diese Gelegenheit nicht durch die Lappen geht.


7. Werten Sie hinterher aus, wie es geklappt hat und welche Schwierigkeiten Sie hatten.


8. Belohnen Sie sich auch für kleine Erfolge.

Quellen:
https://www.hof-university.de/fileadmin/user_upload/hochschulkommunikation/pressemitteilungen/26102023_Prokrastination_fin.pdf
https://www.uni-muenster.de/Prokrastinationsambulanz/Angebote_Empfehlungen.html

 

Quelle: DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e. V.
Internet: www.dgk.de

 

 

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