Klettern in den Bergen oder in der Halle – der Klettersport erfreut sich immer größerer Beliebtheit. Gerade das Klettern in der freien Natur hat seinen ganz eigenen Reiz. Aber sind Kletterseile unbedenklich für Gesundheit und Natur? Der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) wollte es genau wissen: Im Sommer 2023 beauftragte der Umweltverband einen Labortest. Der jetzt veröffentlichte aktuelle ToxFox-Produktcheck hat umwelt- und gesundheitsschädliche per- und polyfluorierte Alkylsubstanzen (PFAS) in teils hohen Konzentrationen in Kletterseilen namhafter Hersteller nachgewiesen. PFAS bauen sich in der Umwelt kaum ab und sind deshalb als „Ewigkeitschemikalien“ bekannt.
Der BUND ließ stichprobenartig sechs für nasse Witterungsbedingungen entworfene Kletterseile von einem unabhängigen Labor auf ihren PFAS-Gehalt testen. Das erschreckende Ergebnis: In der Herstellung von vier der sechs Kletterseile wurden PFAS eingesetzt, obwohl es längst sichere und umweltschonende Alternativen gibt. Das zeigt der Test. In zwei Produkten wurden keine der insgesamt 61 getesteten PFAS-Verbindungen gefunden.
Antje von Broock, Geschäftsführerin beim BUND: „Sport in der freien Natur, die Luft riecht nach Wald – was gibt es Schöneres. Unser Test zeigt aber, dass Verbraucherinnen und Verbraucher für einen Genuss ohne Reue beim Kauf von Kletterseilen genau hingucken sollten. Kletterseile, die gerade für den Einsatz im Freien produziert werden, sollten nicht zu einem Problem für unsere Umwelt werden. Dass vier Seile namhafter Hersteller trotz Alternativen in der Herstellung mit PFAS belastet sind, ist ein Skandal.“
Das Labor wies in den vier belasteten Kletterseilen hohe Konzentrationen von Fluortelomeralkoholen (6:2 FTOH) auf. Diese PFAS-Verbindung wird wegen seiner wasser- und fettabweisenden Eigenschaften als Tensid in Textilien eingesetzt. 6:2 FTOH wird in der Umwelt und in Organismen zu PFHxA umgewandelt. Die EU-Kommission arbeitet aufgrund „inakzeptabler gesundheitsschädlicher Eigenschaften“ seit 2019 an einem Verbot von PFHxA und allen Substanzen, die zu PFHxA umgewandelt werden. PFHxA selbst, wurde, wenn auch in geringeren Mengen, ebenfalls nachgewiesen. Positiv anzumerken ist: Vier der sechs befragten Hersteller gaben an, an einer Umstellung auf PFAS-freie Produkte zu arbeiten.
Von Broock: „Die von einigen Herstellern in Aussicht gestellte Änderung in der Produktion macht Hoffnung. Der Rest der Branche muss jetzt schleunigst nachziehen. Der BUND fordert für die gesamte PFAS-Chemikaliengruppe ein Verbot in Alltagsprodukten wie Textilien, Lebensmittelverpackungen und Kosmetika, bis 2025. Bis 2030 muss der Ausstieg aus Produktion und Verwendung dieser gefährlichen Stoffe per Gesetz gelingen.“
Hintergrund zu PFAS:
PFAS haben eine gemeinsame Eigenschaft: Sie sind extrem langlebig und verbleiben über Jahrhunderte in der Umwelt. Sie reichern sich in Wasser, Böden, Pflanzen und Lebewesen an. Einige PFAS sind extrem mobil und finden sich inzwischen in der Arktis ebenso wie in den Hochlagen des Himalaja-Gebirges.
Schätzungsweise über 10.000 PFAS-Verbindungen sind aktuell auf dem Markt, die meisten davon sind wenig bis gar nicht auf ihre umwelt- und gesundheitsschädlichen Eigenschaften untersucht und nicht gesetzlich reguliert. Sie werden wegen ihrer wasser- und schmutzabweisenden Eigenschaften und Hitzebeständigkeit in unzähligen Alltagsprodukten eingesetzt werden. Die bekanntesten sind wetterfeste Kleidung und antihaftbeschichtetes Küchengeschirr (Teflon). Aber auch in vielen Produkten enthalten, wie Kosmetika, Zahnseide, Kletterseile oder Tennisschläger werden PFAS unnötigerweise eingesetzt.
Bereits bei ihrer Herstellung, während des Gebrauchs und bei der Entsorgung behandelter Produkte, werden PFAS emittiert. Dadurch steigen die Konzentrationen in der Umwelt stetig an. PFAS sind im Grundwasser, im Boden, in Pflanzen, Tieren und in unserem Körper. Studien wiesen sie im Blut aller Kinder nach, die sie bereits als Säuglinge mit der Muttermilch aufnehmen. Eine Studie des Bundesumweltamtes ermittelte bei 20 Prozent der untersuchten Kinder und Jugendlichen Blutwerte, die ernste gesundheitliche Folgen haben können. Dazu gehören Schilddrüsenerkrankungen, Leberschäden, Diabetes, Brust-, Nieren- und Hodenkrebs sowie eine verringerte Reaktion auf Routineimpfungen.
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