Das Coronavirus kann einige Tage nach der Infektion ins Herz und Gehirn gelangen und monatelang auch in anderen Organen überleben. Zu diesem Ergebnis kommt eine Studie der National Institutes of Health (NIH), die zum US-Gesundheitsministerium gehören und medizinische Forschung betreiben.
Das Coronavirus kann fast jedes Organsystem des Körpers infizieren, was zu den anhaltenden Symptomen bei „Long-COVID“-Patienten beitragen könnte, schrieben die amerikanischen Studienautoren von den NIH (National Institutes of Health). Ihr Artikel gilt als eine der umfassendsten Übersichten darüber, wie sich das Virus in menschlichen Zellen vermehrt und im menschlichen Körper zurückbleibt. Es wird derzeit geprüft, ob die Erkenntnisse in der Zeitschrift „Nature“ veröffentlicht werden.
„Dies ist eine bemerkenswert wichtige Arbeit“, verdeutlichte Ziyad Al-Aly, MD, Direktor des Clinical Epidemiology Center des Veterans Affairs St. Louis Health Care System in Missouri, gegenüber Bloomberg News. Al-Aly war an dieser Studie nicht beteiligt, hat jedoch die langfristigen Auswirkungen von COVID-19 untersucht.
„Wir fragen uns schon lange, warum Long-COVID so viele Organsysteme betreffen kann“, erklärte er. „Dieses Papier wirft Licht ins Dunkel und kann helfen zu erklären, warum Long-COVID selbst bei Menschen mit leichten oder keinen Beschwerden auftreten kann.“
Die NIH-Forscher entnahmen und analysierten Gewebe aus Autopsien von 44 Patienten (29,5% weiblich mit einem Durchschnittsalter von 59,2 Jahren und unterschiedlicher ethnischer Zugehörigkeit), die im ersten Jahr der Pandemie nach einer Ansteckung mit dem Coronavirus starben. Sie fanden in mehreren Teilen des Körpers, einschließlich des Herzens und des Gehirns, bis zu 230 Tage nach Beginn der Symptome noch Viruspartikel. Dies könnte eine Infektion mit defekten Viruspartikeln darstellen, die auch bei manchen Masernpatienten beobachtet wurde.
„Wir wissen noch nicht, welche chronische Krankheiten in den kommenden Jahren dadurch entstehen können“, verdeutlichte Raina MacIntyre, PhD, Professorin für globale Biosicherheit an der University of New South Wales, gegenüber Bloomberg News.
„Werden wir bei Überlebenden eine früh einsetzende Herzinsuffizienz oder eine früh einsetzende Demenz sehen?“, ergänzte sie. Diese Fragen können noch nicht beantwortet werden. Aber machen deutlich, wie wichtig die Verhinderung von möglichst vielen Infektionen ist – nicht nur wegen der Todesfälle, sondern auch wegen der möglichen Langzeitfolgen von COVID-19.
Das NIH-Team entnahm sehr vielfältige Gewebeproben, die normalerweise innerhalb eines Tages nach dem Tod des Patienten aufbereitet wurden, berichtete Bloomberg News. Die Forscher nutzten auch eine Vielzahl von Möglichkeiten, Gewebe zu konservieren, um die Viruskonzentration zu ermitteln. So waren sie in der Lage, das Virus zu züchten, das aus verschiedenen Geweben gewonnen wurde, darunter Herz, Lunge, Dünndarm und Nebennieren.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass die höchste Virenlast durch SARS-CoV-2 zwar in den Atemwegen und der Lunge vorliegt, aber früh während der Infektion können sich die Viren auch auf Zellen im gesamten Körper ausbreiten, sogar im gesamten Gehirn“, fassten die Studienautoren zusammen.
Hintergrund: Medscape, Research Square, Bloomberg News
Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de
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