Bis Kinder lernen, feste Nahrung zu verzehren, müssen sie viele Entwicklungsschritte durchlaufen. Dabei können viele Dinge die „normale“ Entwicklung stören.
„Normalerweise sollten Kleinkinder ab etwa 8 Monaten pürierte Mahlzeiten von einem Löffel essen können. Zwischen acht und 18 Monaten können sie allmählich Nahrungsmittel verzehren, die sie kauen müssen, und aus einem Becher trinken. Viele Kinder sind ab etwa zwei Jahren, wenn Eltern feste Nahrung einführen, auch wenig bereit, ‚Neues‘ zu essen, und zeigen sich sehr wählerisch bei der Nahrungsaufnahme. Diese ‚Neophobie‘ ist eine Phase, die i.d.R. mit dem Schulalter vorübergeht. Doch manche Kinder lehnen bestimmte Lebensmittel oder die Nahrungsaufnahme überhaupt so stark ab, haben keinen oder so wenig Appetit oder entwickeln sogar Angst vor dem Essen (z.B. infolge eines traumatischen Erlebnisses), dass ihre Gesundheit gefährdet ist“, erklärt Dr. Ulrich Fegeler, Kinder- und Jugendarzt sowie Mitglied des Expertengremiums des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ). Etwa ein Viertel bis die Hälfte der Eltern berichten in Kinder- und Jugendarztpraxen von Problemen bei Füttern ihrer Kinder, doch nur bei wenigen liegen so schwerwiegende Probleme vor, dass sie interdisziplinär – mithilfe von Fachärzten, Ernährungsexperten und Psychologen – behandelt werden müssen. „Der Pädiater kann vielen Müttern und Eltern schon helfen, indem er sie über evtl. unrealistische Erwartungen an ihr Kind und dessen Entwicklungsschritte aufklärt“, so Dr. Fegeler. Bei leichteren Essproblemen reichen oft einfache Maßnahmen/Verhaltensveränderungen aus. Eltern sollten z.B. darauf achten, dass es keine Ablenkung beim Füttern gibt und sie die Essenszeit begrenzen. Während des Essens sollten Eltern eine freundliche Haltung einnehmen und ihr Kind nicht zum Essen zwingen. Dennoch ist es sinnvoll, neue Mahlzeiten etwa 8- bis 15-mal anzubieten, damit das Kind vielfältige Geschmacksrichtungen kennen lernen und akzeptieren kann.
In seltenen Fällen können körperliche Ursachen für Essstörungen bei kleinen Kindern sorgen. Meist liegen dabei auch weitere Auffälligkeiten vor: z.B. wenn das Kind ungewöhnlich viel Speichel verliert, Schwierigkeiten hat, seine Haltung zu kontrollieren, übermäßig oft würgt sowie hustet oder nicht wie Gleichaltrige von einem Löffel essen kann. „Wenn ein Kind anscheinend Schmerzen beim Essen hat, Probleme beim Schlucken hat oder häufig erbricht und Durchfall hat, nicht richtig wächst, sind dies deutliche Warnzeichen“, so Dr. Fegeler. Dann sind evtl. weitergehende Untersuchung erforderlich und muss für eine ausreichende Nährstoffzufuhr z.B. mit Nahrungsergänzungsmitteln gesorgt werden.
Amerikanische Kinder- und Jugendärzte haben für schwere Essstörungen von kleinen Kindern 2013 der Begriff Avoidant Restrictive Food Intake Disorder (ARFID) bzw. vermeidende/restriktive Essstörung geprägt. Schätzungen gehen davon aus, dass 5 bis 15% der Kinder, die mit Essproblemen ins Krankenhaus kommen, darunter leiden. Es gibt aber auch Erwachsene mit diesem Krankheitsbild, allerdings sind hier nur etwa 1% der stationär wegen Essproblemen behandelten Patienten davon betroffen. Meist lässt sich eines oder mehrere der folgenden Merkmale bei Erkrankten beobachten:
„Anzeichen von Nährstoffmängeln können brüchigen Nägeln und Haare, Hautveränderungen, Zahnfleischbluten oder rissige Lippen, unerklärliche Blutergüsse, Sehstörungen, chronische Müdigkeit und schlechtes Wachstum sein“, ergänzt Dr. Fegeler.
Quellen: Pediatrics, The Conversation, Current Gastroenterology Reports
Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de
Bild/er: Bild von yalehealth auf Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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