Marktstudie: Fast alle Frühstücksflocken und Joghurts für Kinder sind stark überzuckert – und Julia Klöckners freiwillige Reduktionsstrategie würde daran nichts ändern
Fast alle an Kinder vermarkteten Joghurts und Frühstücksflocken sind stark überzuckert und nicht für eine gesunde Kinderernährung geeignet. Das ist das Ergebnis einer Marktstudie der Verbraucherorganisation foodwatch mit insgesamt 110 Produkten. Demnach enthalten alle Joghurts und 90 Prozent der Frühstücksflocken in der Untersuchung mehr Zucker als die Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Kinderlebensmittel empfiehlt. foodwatch analysierte auch, wie sich die von Bundesernährungsministerin Julia Klöckner mit der Lebensmittelwirtschaft vereinbarten freiwilligen Zuckerreduktionsziele auf die Produkte auswirken würden. Ergebnis: Auch nach Umsetzung der Klöckner-Strategie würden die allermeisten Produkte die Vorgaben der WHO für gesunde Kinderlebensmittel nicht erfüllen. Um dies zu erreichen, müsste der Zuckergehalt bei Flocken doppelt so stark gesenkt werden, bei Joghurts sogar dreimal so stark. Die Verbraucherorganisation forderte Julia Klöckner auf, das Marketing für unausgewogene Lebensmittel an Kinder zu verbieten.
„Joghurts und Frühstücksflocken, die mit bunten Comicfiguren an Kinder vermarktet werden, sind die reinsten Zuckerbomben – daran ändert auch die freiwillige Zuckerreduktionsstrategie von Ernährungsministerin Julia Klöckner nichts. Ein überzuckerter Joghurt bleibt ein überzuckerter Joghurt, auch wenn der Hersteller den Zuckergehalt um zehn Prozent reduziert“, sagte Manuel Wiemann von foodwatch.
Bundesernährungsministerin Julia Klöckner hatte sich kürzlich mit den Herstellern darauf verständigt, dass diese bis 2025 freiwillig den Zuckergehalt in Kinder-Frühstücksflocken um durchschnittlich 20 Prozent und in Kinder-Joghurts um durchschnittlich zehn Prozent verringern wollen. Auch damit wären immer noch 94 Prozent der Joghurts und 87 Prozent der Frühstücksflocken aus der Marktstudie zu zuckrig. Für diese hat foodwatch alle verfügbaren Frühstücksflocken und Joghurts für Kinder in Filialen der sechs größten Einzelhändler Deutschlands (Aldi, Edeka, Kaufland, Lidl, Real und Rewe) unter die Lupe genommen. Insgesamt wurde der Zuckergehalt von 78 Frühstücksflocken und 32 Joghurts untersucht, die mit Tieren, Cartoons, Spielzeug oder durch den Zusatz von beliebten Süßigkeiten an Kinder beworben werden. Im Schnitt enthielten die untersuchten Joghurts 14 Prozent Zucker, die Frühstücksflocken sogar knapp 25 Prozent Zucker. Das liegt weit über den Empfehlungen der Weltgesundheitsorganisation: Frühstücksflocken mit einem Zuckergehalt über 15 Prozent und Joghurts mit einem Zuckergehalt über 10 Prozent gelten laut WHO als unausgewogen und sollten nicht an Kinder beworben werden.
„Eine Portion Kellogg’s Frosties enthält im Schnitt sieben Zuckerwürfel – solche Flocken wären auch nach einer Reduktion um 20 Prozent noch hoffnungslos überzuckert. Um aus einem solchen Produkt ein ausgewogenes Frühstück zu machen, wären mindestens 60 statt nur 20 Prozent Zuckerreduktion erforderlich! Das zeigt, dass die freiwillige Reduktionsstrategie der Ministerin gar nicht erst das Ziel verfolgt, Kinderlebensmittel gesund zu machen. Statt einen unwirksamen Pakt mit der Industrie zu schließen, sollte sich Julia Klöckner endlich für die Gesundheit von Kindern stark machen und das Kindermarketing für Zuckerbomben und ungesunde Snacks komplett verbieten.“
Die „Kellogg’s Frosties“ mit einem Zuckergehalt von 37 Gramm pro 100 Gramm schnitten als zuckrigste Frühstücksflocken in der Marktstudie ab. Die Flocken mit dem niedrigsten Zuckergehalt, die „Rebelicious Schoko Dinger“, enthielten dagegen „nur“ 12,9 Prozent Zucker. Als zuckrigster Joghurt stellte sich in der Untersuchung der „Mars Mix mit Karamellsauce“ von Danone heraus, der 20 Prozent Zucker enthält. Der „Biene Maja Himbeere Joghurt“ von Bauer enthält mit 10,7 Gramm pro 100 Gramm zwar am wenigsten Zucker aller geprüften Joghurts, gilt laut WHO aber immer noch als unausgewogen.
foodwatch forderte Bundesernährungsministerin Julia Klöckner auf, endlich dafür zu sorgen, dass nur noch ausgewogene Lebensmittel an Kinder beworben werden dürfen. Bereits im Mai 2018 hatten mehr als 2.000 Ärztinnen und Ärzte sowie 15 Fachorganisationen eine gesetzliche Beschränkung des Kindermarketings als einen Baustein im Kampf gegen Fehlernährung und ernährungsbedingte Krankheiten gefordert. Zudem sprachen sie sich für eine verbraucherfreundliche Nährwertkennzeichnung in Ampelfarben sowie eine Herstellerabgabe auf gesüßte Getränke aus. 15 Prozent der Kinder und Jugendlichen sind übergewichtig oder fettleibig. Im Vergleich zu den 80er- und 90er-Jahren ist der Anteil übergewichtiger Kinder um 50 Prozent gestiegen. Zuletzt hat sich der Anteil auf dem hohen Niveau stabilisiert.
Die weltweit führenden Lebensmittelunternehmen haben bereits 2007 in einer freiwilligen Selbstverpflichtung versprochen, Werbung an Kinder verantwortungsvoll zu gestalten. In dem sogenannten „EU Pledge“ haben Coca-Cola, Ferrero, Nestlé & Co zugesichert, nur noch Lebensmittel, die bestimmte Nährwertanforderungen erfüllen, an Kinder unter zwölf Jahren zu bewerben. Mehrere unabhängige Untersuchungen haben gezeigt, dass diese freiwillige Selbstverpflichtung weitgehend wirkungslos bleibt.
Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de
Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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