Antrag von SPD, CDU und Linkspartei in Brandenburg: In Schulen soll nur noch Milch ohne Zuckerzusatz verteilt werden – Lediglich NRW subventioniert beim Schulmilchprogramm weiterhin auch Kakao – Kinderärzte und Zahnmediziner warnen vor gezuckerten Milchgetränken
Die Verbraucherorganisation foodwatch begrüßt die geplante Änderung des Schulmilchprogramms in Brandenburg. Künftig soll an Schulen in dem Bundesland nur noch Milch ohne Zuckerzusatz gefördert werden, wie aus einem gemeinsamen Antrag der Regierungsfraktionen SPD und Linke sowie der oppositionellen CDU hervorgeht. Zur Begründung verweisen die Parteien im Landtag darauf, dass „die Zahl von übergewichtigen und adipösen Kindern und Jugendlichen in Deutschland ein zunehmendes Gesundheitsproblem“ darstelle. Brandenburg organisiert sein Schulmilchprogramm gemeinsam mit dem Land Berlin. Die Änderung würde also bedeuten, dass auch in Berlin keine gezuckerten Schulmilchprodukte mehr subventioniert werden.
Nordrhein-Westfalen wäre damit das einzige Bundesland, das an der Subventionierung von gezuckerten Produkten im Rahmen seines Schulmilchprogramms festhält – obwohl die offiziellen Förderrichtlinien der Europäischen Union das nicht vorsehen und Experten explizit von Kakao, Vanillemilch & Co. an Schulen abraten. In einem öffentlichen Aufruf appellierten zuletzt renommierte Ärzte, Ernährungsexperten und Wissenschaftler sowie Vertreter von Lehrern und Eltern an die Landesregierung in Nordrhein-Westfalen, die steuerfinanzierte Förderung von gezuckertem Kakao im Schulmilchprogramm zu beenden. „Die Verteilung gezuckerter Schulmilchen ist antiquiert und schädlich für die Gesundheit der Kinder – sie sollte nicht mehr gefördert werden“, erklärte zum Beispiel Prof. Dr. Matthias Blüher, Präsident der Deutschen Adipositas-Gesellschaft. Auch der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte sowie die Bundeszahnärztekammer unterstützten den Aufruf.
foodwatch forderte die zuständige NRW-Umweltministerin Ursula Heinen-Esser auf, das Schulmilchprogramm schnellstmöglich zu überarbeiten: „NRW muss seine rückwärtsgewandte Klientelpolitik für die Milchindustrie endlich beenden. Wer mit Steuergeldern zuckrigen Kakao an Schulen verteilt, bedient nur die Interessen der Milchwirtschaft – und schadet der Gesundheit der Schülerinnen und Schüler“, erklärte Martin Rücker, Geschäftsführer der Verbraucherorganisation.
15 Prozent der Kinder und Jugendlichen in Deutschland gelten als übergewichtig – ein wesentlicher Grund dafür ist eine unausgewogene Ernährung. Besonders der zu hohe Konsum gezuckerter Lebensmittel wird von Ernährungswissenschaftlern, der Ärzteschaft und der Weltgesundheitsorganisation gleichermaßen bemängelt. Zu Beginn des Schuljahres 2017/2018 hat die EU ihr Förderprogramm für das Schul- und Kitaessen überarbeitet. Im Rahmen dieses Programms fördert die EU die vergünstigte oder kostenlose Abgabe von Obst, Gemüse und Milchprodukten in Schulen und vorschulischen Bildungseinrichtungen wie Kindertagesstätten. Die in Deutschland zuständigen Bundesländer können die Mittel dafür bei der EU beantragen, wovon die meisten auch Gebrauch machen. Seit der Reform dürfen die subventionierten Lebensmittel keine Zusätze von Zucker, Salz, Fett oder Süßungsmitteln enthalten. In der Begründung für diese Änderungen verweist die EU ausdrücklich auf die Zunahme der Zahl fettleibiger Kinder. Allerdings lässt die EU-Verordnung es zu, dass Mitgliedstaaten Ausnahmen von dieser Regelung schaffen. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE) sieht in ihren offiziellen Empfehlungen für die Verpflegung in Schulen ebenfalls keine Abgabe von Milchprodukten mit Zuckerzusatz vor.
Anfang Oktober hatte foodwatch den umfassenden Report „Im Kakaosumpf“ veröffentlicht. Darin entlarvt die Verbraucherorganisation die engen Verflechtungen zwischen Milchwirtschaft, umstrittenen Wissenschaftlern und Politik am Beispiel Nordrhein-Westfalens. Der Report beleuchtet Studien, die den gezuckerten Kakao als intelligenzsteigernd und gesundheitsfördernd darstellen sowie die Rolle der Landesvereinigung der Milchwirtschaft in NRW. Diese hat per Ministererlass den offiziellen Auftrag der Landesregierung, „Werbung zur Erhöhung des Verbrauchs von Milch“ zu machen – „insbesondere“ auch durch „Förderung des Schulmilchabsatzes“. Grundlage dafür ist ein Bundesgesetz aus der Nachkriegszeit, als die Milchwirtschaft gefördert und Kinder gepäppelt werden sollten.
E-Mail-Aktion von foodwatch: www.aktion-schulmilch.foodwatch.de
Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de
Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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