Wenn Eltern von ihren Heranwachsenden erwarten, dass sie ihre Medienzeit einschränken, so haben umgekehrt auch deren Kinder und Jugendliche die Vorstellung, dass Mutter und Vater darin ein Vorbild sein sollten. Zu diesem Ergebnis kommt zumindest eine Umfrage.
Heranwaschende wünschen sich ebenso von ihren Eltern, dass diese das Handy zur Seite legen, wenn sie mit ihnen reden. Kinder und Jugendliche kritisieren, dass ihre Eltern das Handy nutzen, wenn sie im Auto sitzen – auch wenn die Ampel gerade Rot zeigt. Und Kinder hassen es ebenso, wenn von ihnen Fotos gepostet werden, ohne dass sie vorher gefragt werden, ob es ihnen recht ist.
Dies sind einige der Regeln für die Nutzung von Internet und Smartphone, die Kinder für ihre Eltern festlegen würden, so eine Studie von Forschern der University of Washington und der University of Michigan. Die Forscher befragten 249 Familien mit Kindern im Alter zwischen 10 und 17 Jahren nach den wichtigsten Regeln und Erwartungen in ihrer Familie in Bezug auf moderne Medien und auch danach, was diese Regeln erschweren oder erleichtern würde.
Die Studie gehört zu den ersten, die die Erwartungen der Kinder in Bezug auf die Mediennutzung ihrer Eltern untersucht. Sie wurde erstmals im 2. März 2016 auf der Konferenz der Association for Computing Machinery in San Francisco vorgestellt. Die Umfragen machten die Gefühle der Kinder bezüglich Fairness und „Oversharing“ deutlich, dem bedenkenlosen Weitergeben von persönlichen Daten.
„Die Kontrolle der Mediennutzung war früher für Eltern viel einfacher – sie haben den Fernseher ausgeschaltet, wenn eine Sendung vorbei war, oder Kinder im Auge behalten, während sie den Familiencomputer im Wohnzimmer benutzten“, sagte Erstautor Alexis Hiniker. „Aber in einer Zeit, in der so viele Familienmitglieder ihr Handy immer bei sich haben, wird es immer schwieriger, diese Grenzen zu setzen.“
Als die Forscher „den Spieß umdrehten“ und Kinder befragten, welche Regeln sie wünschten, dass ihre Eltern in Bezug auf neue Medien befolgen sollten, konnten die Experten die Antworten der Teenager grob sieben Kategorien zuordnen:
„Zweimal so viele Kinder wie Eltern äußerten Bedenken, dass Familienmitglieder persönliche Informationen über sie auf Facebook und anderen sozialen Medien ohne Erlaubnis übermitteln“, sagte Co-Autorin Sarita Schoenebeck, Assistenzprofessorin an der School of Information der University of Michigan. „Viele Kinder sagten, dass sie diesen Inhalt als peinlich empfanden und frustriert waren, als ihre Eltern nicht aufhörten, solche Dinge ohne ihre Zustimmung anderen zugänglich zu machen.“
Die Wissenschaftler untersuchten auch, welche Arten von Regeln mehr oder weniger schwer durchzusetzen waren. Familien berichteten beispielsweise, dass Regeln, die bestimmte Technologien oder Social-Media-Anwendungen gänzlich verbieten – wie etwa Snapchat nicht zu verwenden oder ein bestimmtes Videospiel verbieten – einfacher zu befolgen und durchzusetzen seien als Regeln, die den Technologieeinsatz in bestimmten Situationen verhindern sollten – wie etwa keine Handys in der Kirche oder nach einer gewissen Uhrzeit, keine SMS mehr an Freunde zu schicken. „Wir waren überrascht, dass, wenn Mama und Papa fordern: „Du darfst Instagram nicht nutzen“, es für Kinder leichter ist, diese Regel zu akzeptieren und einzuhalten, als wenn sie sagen „Du kannst Instagram verwenden, aber du musst das Handy beim Abendessen weglegen und darfst zu der Zeit kein Instagram einschalten“, erklärte Hiniker.
Jugendliche gaben in der Umfrage am häufigsten an, dass sie in bestimmten sozialen Situationen von ihren Eltern erwarteten, dass sie „anwesend“ seien, etwa wenn ein Familienmitglied spricht oder während der Mahlzeiten oder bei bestimmten Aktivitäten. Eltern waren hingegen Datenschutzregeln besonders wichtig, um Kinder daran zu hindern, sich selbst zu gefährden, wenn sie persönliche Informationen online preisgeben.
Die meisten der fast 500 verschiedenen Regeln, von denen Familien berichteten, fielen in eine von 12 Kategorien, darunter:
Während Eltern sich wenig Gedanken darüber machten, dass für ihre Kinder andere Regeln galten als für sie selbst, fanden Kinder dies falsch. Heranwachsende fiel es leichter, Regeln zu akzeptieren, wenn sie gemeinsam als Familie erarbeitet wurden und jedes Familienmitglied sie befolgte.
Kinder- und Jugendärzte raten Eltern u.a., ihre Kinder altersgerecht in die Medienwelten hinein zu begleiten, sich über Inhalt und Ausmaß der Mediennutzung ihrer Kinder zu informieren, mit ihnen darüber im Gespräch zu bleiben und den Gebrauch zu steuern – von Anfang an.
Die Tatsache, dass sowohl Kinder als auch Eltern so viele Schwierigkeiten mit Regeln haben, dass Familienmitglieder ihre Handys unter bestimmten Umständen einfach ablegen müssen, weist auf verpasste Gelegenheiten für App- und Gerätedesigner hin, diese Verbraucherbedürfnisse zu erkennen, glauben die Forscher. Technische Lösungen, die Nutzern helfen, mehr Balance zu finden, von einem „Familienzeit“-Button, der Benachrichtigungen für 30 Minuten lang deaktiviert, bis zu Video-Streaming, das nicht automatisch eine neue Episode startet, gehörten dazu, so die Autoren.
Quelle: medicalXpress, Univeristiy of Washington, Association for Computing Machinery’s Conference
Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de
Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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