Babys verstehen mehr, als wir denken
Forscher haben herausgefunden, dass Babys früher als bisher angenommen in der Lage sind, ein paar Wörter zu verstehen. Mithilfe einer Eye-Tracking-Software beobachteten Experten, dass Babys einfache Wörter wie Auto, Saft, Kinderwagen usw. erkannt haben.
Die Ergebnisse der Studie wurden am 20. November 2017 in „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS) veröffentlicht.
Elika Bergelson, Assistenzprofessorin für Psychologie und Neurowissenschaften an der Duke University, forscht seit einiger Zeit an diesem Thema. Sie erklärte, dass Babys unbemerkt sehr schnell ein Sprachverständnis entwickeln. Sie hatte eine frühere Studie verfasst, die zeigt, dass Babys im Alter von 6 bis 9 Monaten einige Wörter in ihrer Muttersprache verstehen können. Lebensmittel und Körperteile zum Beispiel sind die ersten Dinge, die kleine Kinder in Gedanken erkennen und benennen können. In der aktuellen Studie wiesen Professor Bergelson und ihr Team das Wissen der Babys um einfache Wörter bzw. Wortverwandtschaften mithilfe einer Eye-Tracking-Software nach.
Das Forscherteam analysierte Videos von Babys. Dabei stellten sie fest, dass Babys einige gebräuchliche Wörter lernen, die früh in ihrer Gegenwart verwendet werden. Bergelson erklärte, dass diese Babys bereits einfachen Wörter und ihre Bedeutungen verstehen und auch deren Beziehungen zueinander. In dieser Phase könnten Experten und Betreuer evtl. zukünftig bereits jene Kinder ermitteln, die ein Risiko „für Sprachverzögerungen oder Defizite“ haben und frühzeitig Fördermaßnahmen einleiten, so die Hoffnung der Autoren.
Für die Studie gab das Team 51 Babys und ihren Betreuern einen Computerbildschirm zusammen mit einigen Bildern für die Babys. Den Babys wurden mehrmals Bilderpaare gezeigt. Dies Bilder stellten verwandte Begriffe dar, wie eine Hand und ein Fuß, oder Bilder, die nicht miteinander in Beziehung standen, wie eine Milchpackung und ein Fuß. Nur das Baby konnte den Bildschirm sehen. Der Betreuer wurde separat über einen Kopfhörer aufgefordert, eines der Objekte zu benennen, die das Baby sehen konnte. Die Richtung, in der sich die Augen des Babys bewegten, wurde aufgezeichnet. Die Tests wurden 32-mal mit unterschiedlichen Bildsätzen durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Babys, wenn die Bilder nicht verwandt waren, eher auf das Objekt schauten, das der Bedeutung entsprach. Standen die Begriffe miteinander in Beziehung, fiel es dem Baby schwer, sich für den richtigen Gegenstand zu entscheiden. Bergelson folgerte daraus, dass den Babys die tatsächliche Bedeutung des Wortes möglicherweise noch nicht klar ist, aber dass sie Worte erkennen, die eine engere Verbindung zueinander haben bzw. verwandte Objekte bezeichnen.
Das Team wollte dann sehen, ob sich die Testergebnisse auch zuhause bei den Babys wiederholten. Insgesamt erhielten 41 Babys eine Babyweste, an der ein Audiorecorder und ein kleiner Videorekorder angebracht war, um die Interaktion des Babys mit ihren Eltern bzw. Betreuern aufzuzeichnen. Dadurch konnten die Experten auch ermitteln, wieviel in der Gegenwart des Babys gesprochen wurde. Zum Beispiel, wie viele Objekte benannt wurden und wer die Objekte benannte oder mit dem Baby sprach usw. Dabei bemerkten die Experten, dass es zu einem besseren Verständnis beitrug, wenn das benannte Objekt für das Baby sichtbar war. Die Autoren verdeutlichten dies anhand eines Beispiels: Halten Eltern vor dem Baby ein Spielzeugauto oder Saftbecher hoch und benennen es/ihn, lernt es schneller, als wenn sie sagen „morgen werden wir die Löwen im Zoo sehen“. Bei letzterer Aussage hat das Baby keine klare Vorstellung von dem, was die Eltern sagen.
Bergelson forderte die Eltern auf, mehr mit ihren Babys zu sprechen und die Objekte zu benennen, um ihr Sprachverständnis und -lernen zu verbessern. Sie empfahl, Babys sollten als „echte kommunikative Partner“ behandelt werden.
Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de
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