Mehlwurm-Burger, Grillen-Pesto oder Heuschrecken am Spieß: Was in anderen Ländern schon längst Alltag ist, ist in Europa ein relativ neuer Trend – Insekten als Lebensmittel. Doch wie kann bei einem solch neuartigen Lebensmittel sichergestellt werden, dass davon keine gesundheitliche Gefahr für die Verbraucher ausgeht? Seit 1. Januar dieses Jahres herrscht hier Klarheit, wie das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) in Berlin mitteilte. Eine neue europäische Verordnung regelt, wie essbare Insekten auf unseren Teller kommen können.
Insekten werden in vielen Teilen der Welt ganz selbstverständlich gegessen. Sie gelten als eiweißreich und verfügen über eine für den Menschen günstige Nährstoffzusammensetzung. Auch die Haltung spricht für Insekten. Sie benötigen weit weniger Futter als die konventionellen Fleischlieferanten und produzieren nur einen Bruchteil der Treibhausgase, die etwa Rinder erzeugen. Insekten können insofern zurecht als Nahrungsmittel der Zukunft gelten und als echte Alternative zu herkömmlichen Fleischprodukten.
Gleichzeitig wirft die Verwendung von Insekten als Lebensmittel viele Fragen auf, denn Insekt ist nicht gleich Insekt. Weltweit gibt es schätzungsweise 1.900 essbare Insektenarten. Ehe sie in deutschen Supermarktregalen landen, müssen mögliche toxikologische und mikrobiologische Risiken erforscht und bewertet werden. Ebenso ist die Frage nach dem allergenen Potential eines Insekts zu klären (es gibt Hinweise auf Kreuzallergien mit Krustentieren). Für jede Insektenart ist eine gesundheitliche Risikobewertung notwendig – und zwar bevor sie zum Verbraucher gelangt.
Bislang war die Rechtslage für Insekten als Lebensmittel nicht eindeutig. Die europäische Verordnung über neuartige Lebensmittel (Novel Food-Verordnung (EG) Nr. 258/97) regelte den Umgang mit Lebensmitteln, die vor einem bestimmten Stichtag (15. Mai 1997) nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union verzehrt wurden. Wollte ein Unternehmen solch ein neuartiges Lebensmittel auf den Markt bringen, musste es einen Zulassungsantrag bei der zuständigen nationalen Behörde, in Deutschland beim Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL), stellen. Mit den Antragsunterlagen musste das Unternehmen belegen, dass das neuartige Lebensmittel auch sicher für die Verbraucher war. Allerdings war nach der bisherigen Rechtslage unklar, ob auch ganze Insekten als Novel Food gelten. In der Verordnung selbst wurden nur „Lebensmittelzutaten, die aus Tieren isoliert wurden“ genannt. Ganze Tiere wurden nicht explizit erwähnt.
Diese Rechtslücke führte zu sehr unterschiedlichen Interpretationen in den verschiedenen EU-Mitgliedstaaten. Während Insekten etwa in den Benelux-Staaten häufiger als Lebensmittel anzutreffen sind, gingen die deutschen Überwachungsbehörden in den Bundesländern in der Regel strikter vor.
Seit dem 1. Januar 2018 gilt die neue Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283. Sie schließt die bestehende Rechtslücke und harmonisiert die unterschiedlichen Vorgehensweisen innerhalb der Europäischen Union.
Insekten – sowohl ganze Tiere als auch Teile davon – werden in der neuen Verordnung explizit genannt. Fortan gilt: Alle Insekten oder insektenhaltige Produkte, die als Lebensmittel in den Verkehr gebracht werden sollen, müssen vorab gesundheitlich bewertet und zugelassen werden.
Mit der neuen Verordnung ändert sich auch das Genehmigungsverfahren. Anträge müssen jetzt nicht mehr in einem Mitgliedstaat eingereicht werden, sondern direkt bei der Europäischen Kommission. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) bewertet dann die Antragsunterlagen, die den Mitgliedstaaten nur noch zur Kenntnis gegeben werden.
Alternativ, und das ist seit dem 1. Januar 2018 ebenfalls neu, kann in manchen Fällen auch das neue Anzeigeverfahren für traditionelle Lebensmittel aus einem Drittstaat genutzt werden, wenn belegt werden kann, dass das Lebensmittel dort seit mindestens 25 Jahren verzehrt wurde und keine Sicherheitsbedenken auftraten. Es ist vorstellbar, dass einige Lebensmittel aus bestimmten Insektenarten über diesen Weg eine Zulassung für den europäischen Lebensmittelmarkt erhalten.
Mit der neuen Novel Food-Verordnung wird ebenfalls eine so genannte Unionsliste eingeführt. Die Liste enthält alle bislang zugelassenen neuartigen Lebensmittel, einschließlich der Produktspezifikationen und Verwendungsbedingungen, mit denen sie zugelassen wurden. Sie wird von der Europäischen Kommission laufend fortgeschrieben und ist öffentlich einsehbar (http://eur-lex.europa.eu/legal-content/DE/TXT/HTML/?uri=CELEX:32017R2470).
Für Lebensmittelunternehmen bringt die Liste gewisse Vorteile mit sich, denn ein einmal zugelassenes neuartiges Lebensmittel muss kein zweites Mal zugelassen werden. Befindet sich also ein Lebensmittel auf der Unionsliste, können andere Hersteller Produkte mit denselben Spezifikationen und Verwendungsbedingungen auf den Markt bringen, ohne erneut einen Zulassungsantrag stellen zu müssen.
Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Internet: www.bvl.bund.de
Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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