Erfreulicherweise empfehlen Ärzte bei Mittelohrentzündungen immer häufiger das Prinzip der „abwartenden Beobachtung“, statt gleich, wie früher häufig, ein Antibiotikum zu verschreiben. Das Abwarten ist aber nicht einfach, wenn man ein leidendes, gereiztes Kind mit Ohrenschmerzen, Fieber und Schlafproblemen vor sich hat. Viele Eltern (und auch Ärzte) sind unsicher, ob nicht doch ein Antibiotikum notwendig ist. Woran können sie beim abwartenden Beobachten erkennen, ob das Mittel notwendig ist?
Auf dem Kongress für Kinder- und Jugendmedizin 2017, der im September in Köln stattfand, wurden Anhaltspunkte gegeben. Für eine Antibiotikaverordnung bei einer akuten Mittelohrentzündung spricht demnach eine Entzündung beider Ohren sowie eitriger Ohrausfluss. Beide Symptome weisen auf bakterielle Infektionen hin, die sich mit Antibiotika gut behandeln lassen. Auch Warnzeichen für Komplikationen wie Hörstörungen, die länger als eine Woche anhalten, Erbrechen, unzureichende Flüssigkeitsaufnahme, Drehschwindel sowie eine Rötung, Schwellung oder Klopfschmerz über dem Knochen-Vorsprung hinter dem Ohr (Mastoid) machen eine Behandlung mit Antibiotika notwendig.
Die Gefahr bei jeder Antibiotikagabe: Immer mehr Keime entwickeln die Fähigkeit, die Wirkung eines bestimmten Medikaments abzuschwächen oder sogar auszuschalten. Damit werden Infektionen wieder zur tödlichen Gefahr, weil Antibiotika nicht mehr wirken.
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Eltern sollten einen Arzt nicht bedrängen, ein Antibiotikum zu verschreiben. Umgekehrt sollte der Arzt nur bei schwerwiegenden Begleiterkrankungen oder einem schweren Verlauf eines bakteriellen Infekts sofort ein Antibiotikum verschreiben. Ansonsten reicht eine abwartende Beobachtung mit engmaschiger ärztlicher Kontrolle und die Gabe schmerzstillender Mittel aus.
Ein solches abwartendes Vorgehen vermeidet mögliche Nebenwirkungen durch Antibiotika. In Studien wurde untersucht, ob es dadurch häufiger zu Komplikationen oder neuen Erkrankungen kommt. Dies ist nicht der Fall.
Die akute Mittelohrentzündung ist eine der am weitesten verbreiteten Infektionen im Säuglings- und Kindesalter. Etwa 60 Prozent aller Kinder haben bis zu ihrem sechsten Lebensjahr mindestens einmal unter der schmerzhaften Erkrankung gelitten. Nicht wenige der kleinen Patienten bekommen Antibiotika, obwohl die Entzündung in der Regel ohne Behandlung vorbeigeht. Noch überflüssiger erscheint diese Therapie, wenn man sich vor Augen führt, dass die Erkrankung häufig durch Viren ausgelöst wird, weshalb Antibiotika nichts ausrichten können. Dem fraglichen Nutzen stehen unerwünschte Wirkungen wie Durchfall gegenüber. Durch einen häufigen Einsatz von Antibiotika können zudem gefährliche Keime mit Resistenzen „gezüchtet“ werden.
Quellen:
1. Antibiotika gegen akute Mittelohrentzündung bei Kindern: Venekamp RP, Sanders SL, Glasziou PP, Del Mar CB, Rovers MM. Antibiotics for acute otitis media in children. Cochrane Database of Systematic Reviews 2015, Issue 6. Art. No.: CD000219. DOI: 10.1002/14651858.CD000219.pub4
2. Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin (DEGAM): Leitlinie Ohrenschmerzen, Stand: 01.11.2014, gültig bis 31.05.2019
3. Springer Medizin, Meldung vom 3.10.2017: Wann und welches Antibiotikum bei akuter Otitis media? www.springermedizin.de
Quelle: DEUTSCHES GRÜNES KREUZ e.V.
Internet: www.dgk.de
Bild/er: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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