Erstmals dauerhafter Therapieerfolg bei Erdnussallergie
Kürzlich publizierte Langzeitergebnisse einer randomisierten Studie weisen erstmals darauf hin, dass eine Erdnussallergie möglicherweise künftig heilbar sein könnte. Bei einem Großteil der teilnehmenden Kinder gelang es, durch eine orale spezifische Immuntherapie die allergische Immunantwort auf Erdnuss dauerhaft zu unterdrücken.
Orale Immuntherapie
Bei Nahrungsmittelallergie wird eine orale spezifische Immuntherapie (Hyposensibilisierung) bislang noch nicht routinemäßig durchgeführt, sondern nur im Rahmen klinischer Studien. Eine Reihe von Studiendaten weist aber darauf hin, dass diese Strategie erfolgversprechend ist. Allerdings ist bislang nicht viel über die langfristigen Effekte bekannt. In der renommierten medizinischen Fachzeitschrift ,The Lancet‘ wurden vor kurzem erstmals Langzeitergebnisse einer Studie aus Australien veröffentlicht, die diesbezüglich neue, vielversprechende Erkenntnisse liefern.
In der randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Studie hatten 31 Kinder im Alter von ein bis zehn Jahren mit Erdnussallergie für 18 Monate eine orale Immuntherapie (OIT) gegen Erdnussallergene in Kombination mit Milchsäurebakterien, sogenannten Probiotika, erhalten ‑ kurz bezeichnet als PPOIT für „probiotic and peanut oral immunotherapy“. Bei den Probiotika geht man davon aus, dass sie die natürliche Darmflora unterstützen, die Toleranzentwicklung fördern und Reaktionen von Immunzellen günstig beeinflussen. 31 weitere Kinder erhielten ein Scheinmedikament (Placebo).
Die Immuntherapie plus Probiotika erwies sich bereits wenige Wochen nach Therapieende als erfolgreich und überlegen gegenüber Placebo hinsichtlich der Wirksamkeit: Bei einem Großteil der Patienten gelang es, allergische Reaktionen zu unterdrücken.
Wichtiger Meilenstein in der Therapie der Nahrungsmittelallergie
In den folgenden vier Jahren wurden bei den teilnehmenden Kindern der Konsum von Erdnüssen sowie mögliche unerwünschte Reaktionen anhand von Fragebögen dokumentiert. Zusätzlich überprüfte man den Therapieerfolg mittels Pricktest und die Bestimmung spezifischer IgE-Antikörper, bei einem Teil der Probanden auch mithilfe eines oralen Provokationstests, der nach achtwöchigem Verzicht auf Erdnuss durchgeführt wurde.
Bei der Langzeit-Auswertung nach durchschnittlich 4,2 Jahren waren noch insgesamt 48 Patienten in der Studie, darunter jeweils 24 in der PPOIT- und in der Placebo-Gruppe. Bis dahin waren 16 Kinder (67 Prozent) aus der PPOIT-Gruppe allergiefrei geblieben, jedoch nur ein Kind aus der Placebo-Gruppe. Vier (PPOIT) beziehungsweise sechs (Placebo) Patienten berichteten über allergische Reaktionen nach beabsichtigtem oder versehentlichem Verzehr von Erdnuss nach Therapieende; allerdings kam es in keinem Fall zu einer anaphylaktischen Reaktion. Nach einer achtwöchigen Allergenkarenz zeigten sieben von zwölf Probanden aus der PPOIT-Gruppe und einer von 15 Teilnehmern aus der Placebo-Gruppe keine Reaktion im oralen Provokationstest.
Trotz einiger Einschränkungen, wie etwa der relativ kleinen Patientenzahl und der Tatsache, dass nicht bei allen Kindern orale Provokationstests durchgeführt wurden, sind diese Studienergebnisse sehr erfolgversprechend. Sie weisen erstmals darauf hin, dass die spezifische orale Immuntherapie in Kombination mit Probiotika allergische Reaktionen auch längerfristig nach Therapieende wirksam unterdrücken kann. Dies ist ein wichtiger Fortschritt im Hinblick auf das Ziel, bei Nahrungsmittelallergien eine immunologische Toleranz zu erzeugen.
Quellen:
Hsiao, K-C et al.: Long-term clinical and immunological effects of probiotic and peanut oral immunotherapy after treatment cessation: 4-year follow-up of a randomised, double-blind, placebo-controlled trial. In: Lancet 2017; dx.doi.org/10.1016/S2352-4642(17)30041-X
Artikel zur Hauptstudie:
Tang, ML et al.: Administration of a probiotic with peanut oral immunotherapy: a randomized trial. In: J Allergy Clin Immunol 2015; 135: 737–44
Expertenkommentar:
Greenhawt MJ: Probiotic and peanut oral immunotherapy: a breakthrough for allergy treatment. Lancet Child & Adolescent Health 2017; dx.doi.org/10.1016/S2352-4642(17)30042-1
Quelle: Helmholtz Zentrum München / Allergieinformationsdienst
Internet: https://www.allergieinformationsdienst.de
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