Wie viel Geld Eltern für die Betreuung behinderter Kinder aufbringen müssen, ist in Norddeutschland stark vom Wohnort abhängig. Dies haben Recherchen des NDR ergeben. Während manche Landkreise bei den Hort-Gebühren keinen Unterschied zwischen behinderten und nicht-behinderten Kindern machen, fallen in anderen Kommunen zusätzliche Kosten von mehreren hundert Euro pro Monat an. Der Sozialverband Deutschland kritisierte die uneinheitliche Handhabe und forderte, bundesweit auf zusätzliche Kosten zu verzichten.
Nach den Recherchen der Radiosender NDR Info und NDR 1 Niedersachsen müssen Eltern behinderter Kinder beispielsweise in den Landkreisen Cloppenburg und Emsland deutlich mehr für die Hort-Betreuung zahlen als Eltern von Kindern ohne Handicap. Im Fall einer Mutter aus Lingen betragen die Mehrkosten 550 Euro im Monat. Die Kommunen berufen sich dabei auf das Sozialgesetzbuch. Demnach haben behinderte Kinder einen gesetzlichen Anspruch auf die Übernahme von Kosten, die durch Hilfen zur Schulbildung entstehen. Bei Maßnahmen im Hort handelt es sich dem Landkreis Emsland zufolge dagegen um so genannte „Leistungen zur Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft“. An diesen Mehrkosten – zum Beispiel durch die Bereitstellung eines gesonderten Integrationshelfers – könnten Eltern laut Gesetz daher beteiligt werden. Der Landrat des Landkreises Emsland, Reinhard Winter, sagte dazu dem NDR: „Der Landkreis Emsland wird für die korrekte Ausführung von Gesetzen kritisiert.“
In anderen Regionen in Niedersachsen fallen bei der Hortbetreuung behinderter Kinder dagegen keine zusätzlichen Gebühren für die Eltern an. So etwa in der Stadt Emden, im Landkreis Lüchow-Dannenberg, und in der Region Hannover. In Hamburg wird ebenfalls kein Unterschied zwischen einem Hort, in dem die Schulbildung und einem Hort, in dem die Teilhabe im Vordergrund steht, gemacht. Schulbehörden-Sprecher Peter Albrecht erklärte dem NDR, deshalb entstünden in Hamburg für alle Eltern einheitliche Kosten bei der Betreuung ab 16 Uhr: „Je nachdem wie viel Einkommen eine Familie hat, beteiligen wir sie daran, aber es ist keine Differenzierung hinsichtlich der Frage, ob man einen besonderen Förderbedarf für das Kind hat oder nicht.“
Anders in Schleswig-Holstein und Mecklenburg-Vorpommern: Hier erklärten die Sozialministerien, das Sozialgesetzbuch erlaube auch ihren Kommunen, Eltern behinderter Kinder in besonderem Maße an den Betreuungskosten in bestimmten Horten zu beteiligen.
Der Sozialverband Deutschland kritisiert diese uneinheitliche Handhabe. Die Landesgeschäftsführerin des Sozialverbandes Hamburg, Karin Wöhrmann, sagte in jeder Form des Horts finde Bildung statt, deshalb dürfe es dort auch grundsätzlich keine finanzielle Mehrbelastung für Eltern behinderter Kinder geben. „Bildung kann sich nicht nur auf schulische Bildung beziehen, sondern Bildung ist letztlich auch Teilhabe an der Gesellschaft. Bildung ist Sozialverhalten.“ Für Eltern behinderter Kinder dürfen nach Ansicht von Wöhrmann bundesweit keine zusätzlichen Kosten für die Betreuung ihrer Kinder in Hort-Einrichtungen entstehen. „Es führt natürlich dazu, dass die Eltern sich überlegen, ob sie ihr behindertes Kind in den Hort geben oder zuhause lassen. Das steht völlig dem Gedanken der Inklusion entgegen“, so Wöhrmann.
Das Ministerium für Soziales, Gesundheit, Wissenschaft und Gleichstellung in Schleswig-Holstein fordert in diesem Zusammenhang ebenfalls Nachbesserungen im Sozialgesetzbuch. In einer Stellungnahme erklärte Ministeriumssprecher Christian Kohl: „Die Länder haben sich für eine bundesweit einheitliche Regelung eingesetzt – bislang wurde dies in der Sozialgesetzgebung noch nicht aufgenommen.“.
Quelle: NDR Presse und Information
Internet: www.ndr.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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