Autismus: Herpes-Infektion während der Schwangerschaft könnte Auslöser sein

Frauen, die während der Schwangerschaft unter einer aktiven Genital-Herpes-Infektion (Herpes-Virus Typ 2) leiden, haben im Vergleich zu gesunden Schwangeren ein doppelt so hohes Risiko, einen Jungen mit Autismus zur Welt zu bringen. Dies behauptet eine Studie von Wissenschaftlern des Center for Infection and Immunity der Mailman School of Public Health an der Columbia Universität und das Norwegische Institute of Public Health, das dem norwegischem Gesundheitsministerium unterstellt ist.

Amerikanische und norwegische Wissenschaftler fanden erstmals immunologische Beweise dafür, welche Rolle mütterliche Herpes-Virus Typ 2 (HSV-2)-Antikörper für die Entwicklung von Autismus bei ihren Nachkommen spielen könnten. Die Ergebnisse erschienen in „mSphere“, einer Zeitschrift der American Society for Microbiology.

„Wir glauben, dass die Immunantwort der Mutter auf HSV-2 die fetale Entwicklung des zentralen Nervensystems stören könnte, was das Risiko für Autismus erhöht“, erklärte Erstautorin Dr. Milada Mahic vom norwegischen Institute of Public Health.

Die Autoren gehen davon aus, dass das Risiko nicht auf eine direkte Infektion des Fötus zurückzuführen ist, weil solche Infektionen i.d.R. tödlich verlaufen. Stattdessen vermuten sie, dass die neuronalen Veränderungen mit Entzündungen in der Nähe der Gebärmutter zusammenhängen.

Frauen können das HSV-2 in sich tragen, ohne dass die Krankheit sichtbar ist. Die hoch ansteckende und lebenslange Infektion wird in der Regel durch Sex übertragen. Nach einem anfänglichen Ausbruch lebt das Virus in den Nervenzellen und ist oft inaktiv, wobei erneute Ausbrüche mit abnehmender Häufigkeit auftreten, da der Körper eine Immunität gegen das Virus aufbaut.

Die Forscher suchten nach einer Verbindung zwischen der mütterlichen Infektion und dem Risiko, dass ihr Kind an Autismus erkrankt. Dabei konzentrierten sie sich auf fünf Pathogene, Toxoplasma gondii (Erreger der Toxoplasmose), Rubella-Virus (Erreger für Röteln), Cytomegalovirus (Einschlusskörperchenkrankheit, ebenso ein Herpes-Virus: HHV-5) und Herpes-Simplex-Viren Typ 1 und 2. Der Kontakt mit diesen Krankheitserregern während der Schwangerschaft kann zu Frühgeburten, zu Fehlgeburten und zu Geburtsfehlern führen.

Um den Kontakt mit den Erregern nachzuweisen, untersuchten die Experten Blutproben von 412 Müttern von Kindern, bei denen Autismus diagnostiziert worden war, und 463 Mütter von Kindern ohne Autismus. Alle waren Teilnehmer in der Autism Birth Cohort (ABC) Studie, die vom Norwegischen Institut für Public Health betreut wurde. Die Proben wurden zu zwei Zeitpunkten – etwa in der 18. Schwangerschaftswoche und bei der Geburt – entnommen und auf Antikörper hin analysiert.

Das Ergebnis: Ein hoher Titer von Antikörpern gegen HSV-2, aber nicht bei anderen Antikörpern, korrelierte mit dem Risiko für Autismus. Diese Verbindung war nur in Blutproben sichtbar, die zu einem Zeitpunkt genommen wurden, bei dem die Exposition während der frühen Schwangerschaft vorlag, wenn das fetale Nervensystem einer raschen Entwicklung unterliegt, nicht bei der Geburt. Dies spiegelt frühere epidemiologische Daten wider, die darauf hindeuten, dass die Aktivierung des mütterlichen Immunsystems während der frühen bis mittleren Schwangerschaft mit langfristigen Entwicklungs- und Verhaltensproblemen bei Nachkommen verbunden ist.

Infektion kann ohne Symptome verlaufen

Insgesamt wurden 13% der Mütter in der Studie positiv auf Anti-HSV-2-Antikörper während der Schwangerschaft getestet. Nur 12% dieser Patientinnen berichteten über HSV-Läsionen vor der Schwangerschaft oder während des ersten Trimesters, ein wahrscheinlicher Hinweis darauf, dass die meisten Infektionen asymptomatisch verliefen.

Die Folgen der Herpes-Infektion zeigten sich nur bei männlichen Nachkommen. Aber da die Anzahl der untersuchten Frauen in der Studie klein war, glauben die Forscher, dass es nicht genug Beweise dafür gibt, dass die Wirkung geschlechtsspezifisch ist, obwohl im Allgemeinen Autismus häufiger bei Männern vorkommt.

Den Autoren zufolge ist eine weitere Studie erforderlich, um festzustellen, ob Untersuchungen auf eine HSV-2-Infektion während der Schwangerschaft und entsprechende Maßnahmen bei einer nachgewiesenen Infektion erforderlich sind.

„Die Ursache oder Ursachen der meisten Fälle von Autismus sind unbekannt“, kommentierte der leitende Autor Professor W. Ian Lipkin, Direktor des Center for Infection and Immunity. „Aber die Evidenz deutet darauf hin, dass Entzündungen und eine Aktivierung der Immunabwehr zum Risiko beitragen könnten.“ Das Herpes-simplex-Virus-2 könnte eines von vielen dafür verantwortlichen Infektionserregern sein.“

Quelle: EurekAlert! Columbia University, mSphere

Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de

Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0


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