Trotz EU-Appell: Kein einziger von mehr als 400 Messwerten übermittelt – Zuständigkeitswirrwarr: Bundes- und Länderbehörden schieben sich gegenseitig Verantwortung zu
Deutsche Behörden boykottieren beim Thema Mineralöle in Lebensmitteln seit sieben Jahren die Zusammenarbeit mit der EU – und verzögern damit eine europaweite Regulierung zum Schutz der Bürgerinnen und Bürger. Das ergab eine Recherche der Verbraucherorganisation foodwatch. Die EU-
foodwatch kritisierte, dass die deutschen Behörden dadurch genau das verzögern, was das zuständige Bundesernährungsministerium offiziell seit langem fordert: eine europaweite Lösung zum Schutz vor Mineralölverunreinigungen. „Während sich Deutschland offiziell für eine europäische Lösung stark macht, hintertreibt es diese gleichzeitig: Messdaten wurden seit Jahren nicht an die EU übermittelt, die Behörden verheddern sich im Zuständigkeitswirrwarr – und am Ende will niemand schuld gewesen sein. Die Leidtragenden sind die Verbraucherinnen und Verbraucher, die nach wie vor nicht vor gefährlichen Mineralölen in Lebensmitteln geschützt sind“, sagte Johannes Heeg von foodwatch. „Was für eine traurige Behördenposse!“
Deutsche und EU-Behörden sind sich in der Risikobewertung zu Mineralölverunreinigungen einig: Bei den sogenannten gesättigten Mineralölen (MOSH) sollte es zu keinen hohen Konzentrationen in Lebensmitteln kommen, Verunreinigungen mit den besonders gefährlichen „aromatischen Mineralölen“ (MOAH) sollten überhaupt nicht nachweisbar sein. Die Europäische Lebensmittelbehörde (EFSA) hat bereits 2010 einen jährlichen „call for data“ an die Behörden aller EU-Mitgliedstaaten gestartet: Die EU-Länder sollen Analysedaten zur Mineralölbelastung an die EFSA weitergeben. Nach foodwatch-Recherchen haben deutsche Behörden in den Jahren 2011 bis 2015 zwar mindestens 446 Proben auf Mineralöl untersucht. Doch laut EFSA ist in diesem Zeitraum kein einziger Messwert übermittelt worden. Die verantwortlichen Stellen in Bund und Ländern schieben sich dafür gegenseitig die Verantwortung zu, wie foodwatch durch Schriftwechsel dokumentierte:
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sagt, es habe von den Bundesländern so gut wie keine Daten erhalten und deshalb nichts an die EFSA weitergeleitet.
foodwatch forderte die Europäische Kommission auf, endlich gesetzliche Maßnahmen zum Schutz der Bevölkerung vor Mineralölen zu ergreifen: Für alle Lebensmittelverpackungen aus Papier müssten sogenannte „funktionelle Barrieren“ vorgeschrieben werden, die den Übergang von Mineralölen auf Lebensmittel verhindern. Zudem forderte die Verbraucherorganisation strenge Grenzwerte für Mineralöle in Lebensmitteln, die besonders kritischen MOAH dürften gar nicht in den Produkten nachweisbar sein. Unter www.mineraloel-aktion.
Gesättigte Mineralöle können sich im Körper anreichern und Organe schädigen, aromatische Mineralöle stehen in Verdacht, krebserregend und erbgutverändernd zu sein. Sie können beispielsweise aus Verpackungen oder Maschinenölen in Lebensmittel gelangen. Eine wesentliche Quelle für Verunreinigungen ist Altpapier, das neben Mineralölen auch etliche andere gefährliche Substanzen wie Weichmacher und Lösungsmittel enthalten kann.
Link:
E-Mail-Aktion von foodwatch für einen besseren Schutz vor Mineralölverunreinigungen in Lebensmitteln:www.mineraloel-aktion.foodwatch.de Quellen und weiterführende Informationen:
Schriftwechsel von foodwatch mit EFSA, BMEL und zuständigen Behörden in Deutschland (Download):tinyurl.com/z8qpnfs
Quelle: foodwatch
Internet: www.foodwatch.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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