– Lebkuchen hochgradig mit krebsverdächtigem Acrylamid belastet, aber Verbraucher wurden nicht informiert
– foodwatch fordert Bayern auf, Landesgesetz für vollständige Informationsrechte vorzulegen
Erst sieben Wochen nach Weihnachten hat die bayerische Lebensmittelbehörde Analyseergebnisse für Weihnachtsgebäck veröffentlicht. Das Landesgesundheitsamt (LGL) hatte in der Vorweihnachtszeit bei zahlreichen Lebkuchen teils hohe Belastungen mit Acrylamid nachgewiesen, die Verbraucherinnen und Verbraucher jedoch nicht informiert. Acrylamid kann beim Backen entstehen und steht im Verdacht, krebserregend und erbgutschädigend zu sein. Die Verbraucherorganisation foodwatch hatte beim LGL bereits im November 2016 die Herausgabe von Messergebnissen für Weihnachtsprodukte beantragt – erst jetzt wurden die in Teilen Analysedaten veröffentlicht.
„Amtliche Testergebnisse über Gesundheitsgefahren in Weihnachtsgebäck werden erst öffentlich, wenn schon die Ware für Ostern in den Supermarktregalen liegt. Die Produkte sind längst aufgegessen. Das ist ein Schildbürgerstreich, über den niemand lachen kann – mit Ausnahme der Hersteller von acrylamidbelasteten Lebkuchen“, sagte Johannes Heeg von foodwatch. „Diese Posse zeigt, wie groß der Handlungsbedarf für den Gesetzgeber ist: Die Landesregierung muss endlich für Transparenz in der Lebensmittelüberwachung sorgen!“
Die bayerischen Behörden hatten im vergangenen Jahr bei 132 Lebkuchenproben verschiedener Hersteller Acrylamidbelastungen nachgewiesen. Die Werte schwankten stark zwischen 50 und mehr als 2.600 Mikrogramm pro Kilogramm. Bei etwa jedem zehnten Lebkuchen (10,6 Prozent) lag die Belastung über dem viel zu hohen europäischen Richtwert von 1.000 Mikrogramm pro Kilogramm. Dass die Daten erst jetzt – Wochen nach Weihnachten – herausgegeben wurden, begründet das LGL mit der geltenden Rechtslage.
foodwatch forderte die bayerische Landesregierung auf, die Behörden gesetzlich zu verpflichten, alle Ergebnisse der Lebensmittelüberwachung umgehend zu veröffentlichen. Lebensmittelüberwachung fällt in die Zuständigkeit der Länder – jedes Bundesland könne und müsse daher für Transparenz sorgen, erklärte die Verbraucherorganisation. „Egal ob Acrylamid in Lebkuchen, Pferdefleisch in der Lasagne oder Kakerlaken in der Backstube: Alle Kontrollergebnisse der amtlichen Lebensmittelüberwachung müssen an die Öffentlichkeit. Das ist das gute Recht der Bürgerinnen und Bürger und schafft positive Anreize für die Lebensmittelunternehmen“, sagte foodwatch-Experte Johannes Heeg. In Bayern wird derzeit über eine Reform der Lebensmittelüberwachung diskutiert. Der vorliegende Gesetzentwurf von der bayerischen Landesregierung ändert aus Sicht von foodwatch jedoch nichts an dem grundlegenden Problem, denn er garantiere eben nicht Transparenz über alle Kontrollergebnisse, so Johannes Heeg: „Solange Behörden nicht per Gesetz verpflichtet werden, alle Kontrollergebnisse von sich aus zu veröffentlichen, werden Verbraucherinnen und Verbraucher immer wieder über Gesundheitsgefahren und Hygieneverstöße im Dunkeln gelassen. Daran will die bayerische Landesregierung offensichtlich nichts ändern.“
Im aktuellen Fall hat das LGL – aufgrund des Antrags von foodwatch – heute Testergebnisse von 132 mit Acrylamid belasteten Lebkuchen herausgegeben. Produkt- und Herstellernamen veröffentlichte das LGL lediglich zu 25 Proben. Die Veröffentlichung auch aller anderen Produktnamen wäre für die Verbraucherorganisation mit zusätzlichen Kosten von fast 5.000 Euro verbunden gewesen. Acrylamid entsteht, wenn stärkehaltige Lebensmittel gebraten, gebacken oder frittiert werden. Das betrifft zum Beispiel Lebkuchen, aber auch Lebensmittel wie Chips, Kaffee, Pommes frites oder Frühstückscerealien. Obwohl die Gesundheitsgefahren durch Acrylamid seit Jahren bekannt sind, gibt es keinen Grenzwert für die Belastung, sondern lediglich „Richtwerte“. Diese orientieren sich allerdings an den höchstbelasteten statt an den niedrigbelasteten Produkten, und bei Überschreitungen werden lediglich Gespräche mit den Herstellern geführt.
foodwatch kritisiert seit langem, dass diese „Minimierungs-Strategie“ nicht dazu führt, dass die Acrylamidbelastung auch tatsächlich sinkt: Der EU-Richtwert für Lebkuchen liegt seit Jahren unverändert bei 1.000 Mikrogramm Acrylamid pro Kilogramm, obwohl es technisch längst möglich ist, die Acrylamidbelastung um ein zwanzigfaches zu reduzieren – wie auch die aktuellen Testergebnisse des LGL zeigen.
Quellen und weiterführende Informationen:
Informationen des Bayerischen Landesamts für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) zu Acrylamid-Messungen in Lebkuchen 2016: www.tinyurl.com/jx6fwc3
Zusammenstellung des LGL Bayern der 25 Produkt- und Herstellernamen: www.tinyurl.com/h63fktt
weitere Informationen von foodwatch zu Acrylamid: www.foodwatch.de/acrylamid
Quelle: foodwatch e.V.
Internet: www.foodwatch.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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