Einnässen bei Kindern: frühzeitiges Abklären verringert seelische Belastung
Hamburg – Einnässen ist das häufigste urologische Symptom bei Kindern und Jugendlichen. Von Ängsten und Schulproblemen bis hin zu funktionellen und organischen Störungen – Harninkontinenz kann viele Ursachen haben. Häufig entwickeln betroffene Kinder in der Folge negative Gefühle wie Scham, Ängste und Sorgen. Die Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) empfiehlt, frühzeitig die Ursachen von Harninkontinenz medizinisch abklären zu lassen. Sei das Problem benannt, falle der Umgang mit dem Krankheitsbild oft leichter. Was die Ursachen für Einnässen sein können, wann Abwarten Sinn macht und wann welche Behandlungen in Frage kommen, ist ein Thema auf der Pressekonferenz der DGKCH am 15. September in Hamburg.
Mit sieben Jahren nässen nachts noch fünf bis 10 Prozent der Kinder ein. „Etwa sieben Prozent der Schulkinder machen sogar bis ins Erwachsenenalter nachts ins Bett“, berichtet Dr. med. Tobias Schuster, Pressesprecher der DGKCH. An einer vom nächtlichen Einnässen zu unterscheidenden sogenannten funktionellen Störung der Blasenfunktion litten zudem bis zu zehn Prozent der Schulkinder.
Im dritten bis sechsten Lebensjahr entwickelt sich bei den meisten Kindern eine stabile Blasenkontrolle – zunächst tagsüber, später auch nachts. „Bis zum vollendeten fünften Lebensjahr sehen wir Einnässen als physiologisch an“, sagt Schuster, der Chefarzt der Kinderchirurgie am Klinikum Augsburg ist. Daure es jedoch nach dem sechsten Geburtstag an, sollten Eltern die Ursachen medizinisch abklären lassen: „Von seelischen Auslösern abgesehen liegen die Ursachen der Harninkontinenz meist in Reifungsverzögerungen und funktionellen Störungen – eher selten haben wir es mit anatomischen oder neurologischen Grunderkrankungen wie Fehlbildungen des Urogenitaltraktes zu tun“, so Schuster. Die Bandbreite der normalen Kontinenzentwicklung sei jedoch groß – und nicht immer eine Behandlung nötig, ergänzt er.
Um die genaue Ursache zu klären, sind als erster Schritt Trink- und Ausscheidungsprotokolle entscheidend. Weiterführende Untersuchungen können Ultraschalluntersuchungen, Messungen der Blasenkapazität sowie der Blasenentleerung (Uroflow) mit Restharnbestimmung und Darstellung der Funktion des Beckenbodens (EMG) sein. Aber auch klassische urologische Untersuchungen wie etwa Blasendruckmessung oder eine Blasenspiegelung können erforderlich werden. Oft sei die Kapazität der Blase, Urin zu halten, und die Steuerung der Blasenfunktion durch das Gehirn noch nicht ausreichend entwickelt. Gar nicht so selten haben sich Kinder auch ein problematisches Zurückhalten ihres „Pipi“ antrainiert. „Wenn sie sich etwa vor dem Gang aufs dreckige Schulklo fürchten, kann sich ihr Beckenboden so verkrampfen, dass die normale Urinausscheidung nachhaltig gestört wird.“ Auch komme es vor, dass ein Hormon, das unter anderem die Urinproduktion über Nacht reduziert, noch nicht ausreichend wirkt.
Die Therapie orientiert sich an der jeweiligen Diagnose und daran, ob das Kind nur nachts oder rund um die Uhr in die Hose macht. Sie reicht von klassischer Konditionierung mit Klingelhose, die den Patienten aufweckt, wenn er nachts einnässt bis hin zur Gabe von Medikamenten zur Beruhigung der Blase – und in seltenen Fällen zu kinderchirurgischen oder urologischen Eingriffen. „Unter konsequenter und manchmal durchaus auch langwieriger Therapie lassen sich die meisten Beschwerden erfolgreich behandeln“, sagt Schuster. Oft arbeiten hier Kinderchirurgen, Kinderärzte, Urologen und Kinder- und Jugendpsychotherapeuten Hand in Hand zusammen.
Wichtig sei jedoch, mit dem Gang zum Kinderarzt oder Kinderchirurgen nicht zu lange zu warten. „Es gilt, auch sekundäre Folgen des Einnässens, wie reduziertes Selbstwertgefühl, sozialen Rückzug und einen gestörten Schlafrhythmus bei Kind und Familie in Grenzen zu halten“, bekräftigt Schuster.
Quellen:
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Quelle: Deutsche Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH)
Internet: www.dgkch.de
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