Hundebisse: So schützen Sie Ihr Kind
Stiftung Kindergesundheit gibt wichtige Tipps zur Verhütung von Unfällen mit Tieren
Wenn es wärmer wird, streben nicht nur Kinder zum Toben nach draußen – auch Hundebesitzer gönnen ihrem Tier den Auslauf. Das hat leider häufig fatale Folgen: Mit den Temperaturen steigt auch die Zahl von Hundebissen insbesondere bei Kindern deutlich an, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.
Allein in Deutschland werden mittlerweile über elf Millionen Hunde gehalten. Das sind mehr Tiere als Kinder unter sechs Jahren. Der „beste Freund des Menschen“ ist aber „Mamas Liebling“ nicht nur zahlenmäßig überlegen: Er hat zweifellos auch die besseren Zähne.
» Hunde müssen in Gegenwart von Säuglingen und kleinen Kindern lückenlos beaufsichtigt werden. «
Jedes Jahr werden hier zu Lande 40.000 Hundebissverletzungen in einem Krankenhaus behandelt, 73 Prozent der Opfer sind Kinder. In Deutschland werden jedes Jahr bis zu zwölf Todesfälle durch Hundeattacken registriert.
Das höchste Risiko, von Hunden gebissen zu werden, betrifft Kinder unter fünf Jahren, ermittelte die Wiener Unfallchirurgin Dr. Manuela Jandl. Sie analysierte dazu die Daten von 1.592 Kindern, die im Laufe von 19 Jahren im Traumazentrum der Medizinischen Universität Wien mit einer Bissverletzung verarztet werden mussten. In fast jedem zweiten Fall (43,8%) war ein Hund der Täter, 3,9 Prozent der Kinder wurden von einer Katze gebissen. Bei 43,6 Prozent stammte die Verletzung von einem anderen Kind oder von einem eigenen Biss auf die Lippe, die Zunge oder in die Wange des Kindes.
Fast drei Viertel aller Bissverletzungen durch Hunde betrafen Kinder im Alter bis zu fünf Jahren, in den meisten Fällen übrigens zu Hause und durch den eigenen Hund. Bekannte Hunde bissen am häufigsten in die Wange des Kindes, fremde Hunde bevorzugten den Oberschenkel.
Kinder sind unberechenbar, Hunde auch
Das höchste Risiko, von Hunden gebissen zu werden, betrifft Kindergartenkinder und Kinder im jungen Schulalter. Warum gerade Kinder so häufig Opfer von beißenden Hunden werden, liegt nicht nur an ihrer Körpergröße, erläutert die Stiftung Kindergesundheit. Kinder verhalten sich nach Hundemaßstäben einfach unberechenbar. Statt ruhig zu gehen und zu sprechen, hüpfen, rennen, springen, kreischen, schreien sie. Der irritierte Vierbeiner weiß nie, woran er ist, fühlt sich mitunter sogar bedroht. Das Verhalten von Kindern kann Mechanismen bei Hunden auslösen, die in ihr angeborenes Beuteschema passen. Ein zweiter Grund: Kinder ärgern und quälen Hunde gern und treiben sie dadurch zur Gegenwehr.
» Kinder, die gemeinsam mit Tieren aufwachsen, können in ihrer ganzen Persönlichkeitsentwicklung davon profitieren. «
An den schwersten Unfällen sind immer häufiger große Rassen beteiligt. Se können ihr Opfer auch wiederholt beißen und stark schütteln. Manchmal handeln sie wie im Rausch und lassen sich von selbst von ihrem Besitzer oder anderen Menschen nur schwer von ihrer „Beute“ trennen.
Es können allerdings Hunde praktisch aller Rassen zubeißen, so die Stiftung Kindergesundheit. Aufgrund ihrer kräftigen Kiefer sind auch kleinere Hunde durchaus in der Lage, schwere Verletzungen zu verursachen.
Besonders nachdenklich macht die Tatsache, dass die beißenden Hunde in der Regel keineswegs verwahrloste, fremde oder streunende Köter oder überzüchtete Kampfhunde sind, sondern die gehätschelten Tiere der eigenen oder benachbarten Familie.
„Das Risiko durch Familienhunde sollte allen Eltern bekannt sein!“, betont Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit mit großem Nachdruck und fügt hinzu: „Hunde müssen in Gegenwart von Säuglingen und kleinen Kindern lückenlos beaufsichtigt werden. Das Kind darf nicht mit ihnen allein gelassen werden!“
Für viele Unfälle mit Kindern sind Fehler bei der Haltung der Tiere die entscheidende Ursache. Ein großer Teil der Hunde in Deutschland wird in Wohnungen gehalten, die dafür nicht geeignet sind. Hunde haben ein großes Bewegungsbedürfnis. Ohne Abwechslung, Spiel und Bewegung und häufig alleingelassen werden sie leicht aggressiv.
Eine weitere Mitschuld an Tierunfällen tragen die glorifizierenden Darstellungen von Hunden in Fernsehsendungen. Auch die Werbung verharmlost oft den Umgang mit Hunden und Katzen. Die Folge: Kinder, die sich mit unbedachten, hastigen und spontanen Bewegungen einem Hund nähern oder ihn aufdringlich liebkosen wollen, werden vom Hund mit einer Angst- oder Schreckreaktion abgewehrt.
Was Kinder unbedingt wissen sollten
Auch wenn Hunde besonders liebe Spielkameraden sein können, muss ein Kind wissen:
Man darf auf fremde Hunde nicht allzu schnell und nahe zugehen, sondern man muss um das Tier beim Laufen oder Radfahren einen kleinen Bogen machen.
Einen herankommenden Hund ruhig empfangen und nicht schreiend davonlaufen oder versuchen, ihn zu vertreiben. Das könnte den Jagdinstinkt des Tieres wecken. Stattdessen stehenbleiben und den Hund in beruhigendem Ton ansprechen.
Angeleint wartende Hunde nicht streicheln und in Ruhe lassen, wenn sie ausweichen.
Den Hund beim Streicheln des Kopfes nicht in der Schnauzenregion berühren. Nicht an den Ohren zupfen, an der Nase packen, am Schwanz ziehen oder das Fell gegen den Strich streicheln.
Einen Hund nicht beim Fressen stören oder ihm gar den Napf wegnehmen.
Da Kinder klein sind, befindet sich ihr Gesicht etwa auf gleicher Höhe mit dem Hund. Deshalb werden sie besonders häufig an Kopf und Gesicht gebissen, während bei Erwachsenen häufiger die Hände dran glauben müssen.
Nach einem Biss immer zum Arzt
Bisswunden bei Kindern müssen immer von einem Arzt versorgt werden und zwar auch dann, wenn sie zunächst als harmlos erscheinen, betont die Stiftung Kindergesundheit. Die Komplikationsraten sind nämlich bei kleinen Bisswunden sogar höher als bei großen.
Oft ist eine (kinder-)chirurgische Behandlung der Wunde unumgänglich. Dabei wird die Wunde gesäubert, mit Kochsalzlösung ausgespült, vom zerrissenen Gewebe befreit und mit einer Naht verschlossen. Um der Entwicklung einer schweren Infektion vorzubeugen – diese Gefahr besteht bei jedem fünften Bissunfall und besonders bei Wunden, die größer sind als drei Zentimeter – werden die meisten Kinder nach der operativen Versorgung ihrer Wunden prophylaktisch mit Antibiotika behandelt und wenn nötig gegen Wundstarrkrampf (Tetanus) geimpft.
Auch unkomplizierte Bisswunden sollten spätestens nach 48 Stunden ärztlich kontrolliert werden. Eine sofortige Vorstellung beim Arzt ist notwendig, wenn Symptome auftreten wie Rötung, Schwellung, Schmerzen, Störungen der Sensibilität oder eine Einschränkung der Funktionsfähigkeit des betroffenen Körperteils.
Und wo bleibt das Positive?
„Kinder, die gemeinsam mit Tieren aufwachsen, können in ihrer ganzen Persönlichkeitsentwicklung davon profitieren“, sagt Professor Dr. Berthold Koletzko. „Wenn sie das Tier beobachten und betreuen, entwickeln sie mehr soziale Kompetenzen als sie beim Spielen mit leblosen Dingen erlangen können. Der Kontakt zum Tier steigert die Lebensfreude und fördert das Verantwortungsgefühl. Und ganz nebenbei verschafft sich das Kind auf natürliche Weise gute Kenntnisse über wichtige Lebensvorgänge wie Sexualität, Geburt oder Tod. Gerade für Stadtkinder sind Tiere oft der wichtigste Bezug zur lebendigen Natur“.
Quelle: Stiftung Kindergesundheit
Internet: www.kindergesundheit.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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