Diplom-Psychologe Josef Zimmermann zu Ängsten bei Kindern
„Eltern sollten ihren Kindern ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit geben“
Josef Zimmermann leitet die katholische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Köln
(ams). Kinder haben oft Angst vor Monstern, vor Trennungen oder vor schulischem Versagen. Wie Eltern ihre Kinder dabei unterstützen können, Ängste zu überwinden, erläutert Josef Zimmermann im Interview mit dem AOK-Medienservice. Der Diplom-Psychologe und psychologische Psychotherapeut leitet die katholische Beratungsstelle für Eltern, Kinder und Jugendliche in Köln.
Wovor fürchten sich kleine Kinder häufig, was sind typische Ängste bei größeren?
Josef Zimmermann: Säuglinge schreien, wenn die Eltern sich zu weit entfernen, weil sie Angst vor einem Verlust des Körperkontaktes haben. Ab dem Alter von neun Monaten „fremdeln“ manche Kinder – dahinter steckt die Furcht vor dem Ungewohnten. Bei Kleinkindern spielen Trennungsängste eine Rolle. Vierjährige bekommen bereits mit, dass es den Tod gibt; auch das kann Angst auslösen. Im Schulalter kommen soziale Ängste dazu, etwa die Sorge, nicht beliebt zu sein oder sogar zum Außenseiter zu werden. Häufig sind auch Ängste, Anforderungen nicht gerecht werden zu können. In der Pubertät, wenn sich Jugendliche von den Eltern abgrenzen und sehr stark über den Kontakt zu Gleichaltrigen definieren, ist die Sorge besonders groß, sozial und leistungsmäßig nicht mithalten zu können.
Wie merken Eltern, dass ihr Kind Sorgen hat, wenn es das nicht sagt?
Josef Zimmermann: Sie merken es zum Beispiel daran, dass ihr Kind nachts zu ihnen ins Bett kommt oder dass das Kind sich etwas nicht traut – etwa in den Keller zu gehen, weil es dort dunkel ist. Dass ihr Kind in der Klasse ausgegrenzt wird, können Eltern daran merken, dass es stiller ist als sonst und nicht von anderen eingeladen wird.
Wie können Eltern mit Ängsten ihres Kindes umgehen?
Josef Zimmermann: Wichtig ist zunächst, Ängste und Sorgen des Kindes ernst zu nehmen, ohne ihm jedoch zu schnell etwas abzunehmen. Vielmehr sollten Mütter und Väter ihrem Kind etwas zutrauen und mit ihm zusammen überlegen, welche Schritte ihm helfen können, seine Ängste zu überwinden. Wenn es sich zum Beispiel nicht traut, allein zu einer Geburtstagsfeier zu gehen, kann die Mutter oder der Vater das Kind hinbringen und so lange da bleiben, bis das Kind signalisiert, dass es alleine zurechtkommt. Das Kind merkt dann, dass man etwas tun kann, um Ängste zu überwinden. Generell ist entscheidend, dass Eltern ihrem Nachwuchs ein Gefühl der Sicherheit und Geborgenheit geben. Das tun sie, indem sie für ihr Kind da sind, etwa regelmäßig mit ihm gemeinsam essen, spielen oder etwas unternehmen. Dann hat das Kind auch die Möglichkeit, Probleme anzusprechen.
Schlimme Ereignisse wie die Attentate am 13. November 2015 in Paris machen auch Erwachsenen Angst. Wie redet man darüber mit Kindern?
Josef Zimmermann: Wenn etwas Schlimmes passiert, ist es für Kinder sehr wichtig, dass gewohnte Rituale und das alltägliche Leben weitergeführt werden. Erwachsene sollten nicht selbst hysterisch werden und den Fernseher auch mal wieder ausschalten. Sonst übertragen sie ihre Sorgen auf ihre Kinder. Mit Kleinkindern redet man in der Regel gar nicht über solche Ereignisse. Bei Schulkindern können Eltern erst einmal untereinander ein paar Sätze darüber austauschen und so zum Fragen animieren oder warten, bis die Kinder Fragen stellen. Diese sollten sie dann ehrlich, aber auch realistisch beantworten. Sie können zum Beispiel sagen, dass Anschläge zwar auch in Deutschland passieren können, aber dass sie selten sind. Und dass die Wahrscheinlichkeit, vom Auto überfahren zu werden, wesentlich größer ist, als bei einem Attentat ums Leben zu kommen. Außerdem sollten Erwachsene deutlich machen, dass sie immer für ihr Kind da sind. Gewöhnlich machen sich Kinder sowieso viel eher Sorgen um das, was unmittelbar in ihrem Leben passiert – sie haben beispielsweise eher Angst vor einer Fünf in Mathe oder davor, dass andere Kinder nicht mit ihnen spielen wollen.
Was können Eltern tun, wenn bei ihrem Kind Ängste überhand nehmen?
Josef Zimmermann: Wenn Eltern den Eindruck haben, dass ihr Kind starke Ängste hat, die es nicht bewältigen kann, sollten sie sich Gedanken über tieferliegende Ursachen machen. Sie sollten überlegen, ob es am Miteinander in der Familie liegen kann. Wenn sich beispielsweise Eltern ständig streiten, kann das beim Kind zu Trennungsängsten führen. Sinnvoll ist es auch zu überlegen, welche zusätzliche Unterstützung das Kind braucht, die ihm hilft, seine Ängste zu überwinden. Außerdem sollten sich Eltern nicht scheuen, sich frühzeitig beraten zu lassen, etwa in einer Familienberatungsstelle. Wichtig ist, rechtzeitig gegenzusteuern, damit die Ängste sich gar nicht erst verfestigen.
Quelle: AOK-Medienservice – ams-Ratgeber 12/15
Internet: http://www.aok-bv.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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