Sie sind lichtscheu, flink und hartnäckig – Kopfläuse. Die Blutsauger krallen sich am Haar fest, man wird sie nur schwer wieder los. Üblicherweise wird Läusebefall mit chemischen Mitteln und Nissenkamm behandelt. Fraunhofer-Forscher entwickeln einen Kamm, der die Schädlinge mithilfe von Plasma zuverlässig abtötet – ohne Biozide und den Einsatz von Chemie.
Behandlungsmethode ohne Biozide und chemische Stoffe
Kopfläuse können jeden befallen, besonders häufig betroffen sind jedoch Kinder zwischen drei und zehn Jahren. Die Parasiten ernähren sich von Blut, sie krabbeln blitzschnell von Kopf zu Kopf. Deshalb breiten sie sich besonders in Kindergärten oder Grundschulen aus, wo Kinder ihre Köpfe zusammenstecken. Läuse verursachen nicht nur einen quälenden Juckreiz, man wird sie zudem nur schwer wieder los. Gegen sie helfen verschiedene chemische Wirkstoffe in Form von Shampoos, Lotionen oder Gels. In der Regel werden sie nach dem Waschen in das noch leicht feuchte Haar einmassiert. Anschließend wird dieses mit einem Nissenkamm ausgekämmt. Der Nachteil: Bei der Behandlung werden zwar die Läuse abgetötet, nicht aber ihre Eier – die Nissen. Die Behandlung muss daher nach einer Woche wiederholt werden. Die Prozedur ist für Kinder langwierig, unangenehm und schmerzhaft. Viele Eltern wollen auch nicht zu chemischen Arzneimitteln greifen, zumal einige Wirksubstanzen für Kleinkinder und Säuglinge schädlich sind. Zudem können Läuse und Nissen resistent gegen die Wirkstoffe werden.
Forscher des Anwendungszentrums für Plasma und Photonik des Fraunhofer-Instituts für Schicht- und Oberflächentechnik IST in Göttingen setzen daher auf eine alternative Behandlungsmethode, die ohne Biozide und chemische Stoffe auskommt. Sie verwenden kaltes Atmosphärendruckplasma, das die Blutsauger schmerzfrei und zuverlässig abtötet. Für die Anwendung haben die Forscher einen speziellen Plasma-Läusekamm entwickelt.
Elektrische Felder zwischen Elektroden wandeln Luft in Plasma
Der Trick: Im Gehäuse des batteriebetriebenen Kamms befindet sich ein Hochspannungserzeuger, der Pulse an die Kammzinken abgibt, die als Elektroden fungieren. Durch das Anlegen eines Hochspannungspulses wird die Luft zwischen den Elektroden, also zwischen zwei Zinken, ionisiert. Dabei entsteht Plasma. „Plasma ist ein Aggregatszustand, der entsteht, wenn einem Gas oder Gasgemisch Energie zugeführt wird“, erläutert Prof. Dr. Viöl, Leiter des Anwendungszentrums für Plasma und Photonik.
Die Hochspannung wird nur sehr kurzzeitig angelegt. Es wird gerade so viel Energie zugeführt, dass nur die winzigen Elektronen beschleunigt werden, ohne die schweren Gasteilchen aufzuheizen. So lässt sich die Temperatur des Plasmas auf Raumniveau einstellen. Die kalten Plasmen töten die Läuse sowie die Nissen ab, beschädigen jedoch nicht das Haar und die Kopfhaut. Für Menschen sind sie harmlos. „Bereits nach einmaligem Durchkämmen sind die Hälfte der flügellosen Insekten tot. Innerhalb eines Tages ist man die Quälgeister los“, sagt Viöl. Dies konnten der Forscher und sein Team durch umfangreiche Wirksamkeits- und Sicherheitstests belegen, die in Zusammenarbeit mit einem Forschungsinstitut durchgeführt wurden. „Der Plasmakamm wurde bereits in regionalen Kinder- und Jugendarztpraxen vorgestellt und kann wie ein normaler Kamm angewandt werden“, so Viöl.
Von der Läusebekämpfung mit Plasma profitieren auch Patienten mit Vorerkrankungen wie Asthma oder Allergien. Ihnen bleiben Probleme durch aggressive Wirkstoffe erspart. Darüber hinaus bedeutet der Verzicht auf chemische Substanzen eine geringere Belastung für die Umwelt.
Die Forscher haben ihre Technologie durch ein Patent geschützt. Geplant ist, den Läusekamm als kosmetisches Produkt zunächst in Kleinserie auf den Markt zu bringen. „Der Plasmakamm kann biozidhaltige Mittel ersetzen. Passt man die Form und den Abstand der Zinken entsprechend an, lassen sich auch Haustiere mit Ungeziefer behandeln“, erläutert Viöl. Denkbar sei auch der Einsatz in Entwicklungsländern, wo Kopfläuse gefährliche Bakterien wie Erreger des Fleckfiebers oder des Fünf-Tage-Fiebers übertragen können.
(Britta Widmann, Kommunikation – Fraunhofer-Gesellschaft)
Quelle: Frauenhofer Gesellschaft
Internet: https://www.fraunhofer.de
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