Erkrankung von zwei Frühgeborenen und Besiedlung von sechs weiteren Frühgeborenen führen zu umfangreichen Hygienemaßnahmen / Eine sichere Versorgung von Frühgeborenen ist gewährleistet
Auf der Neugeborenen-Intensivstation des Universitätsklinikums Freiburg kam es Mitte Oktober 2015 bei einem Frühgeborenen zu einer Infektion mit dem BakteriumSerratia marcescens. Dieses Bakterium, das im Blut nachgewiesen wurde, war gegenüber den meisten gängigen Antibiotika empfindlich (keine „Multiresistenz“) und der klinische Verlauf war unter Antibiotikatherapie unkompliziert. Das wöchentlich durchgeführte Screening auf der Intensivstation ergab jedoch, dass insgesamt sechs Frühgeborene auf der Körperoberfläche mit Serratien besiedelt waren, ohne daran erkrankt zu sein. Das heißt, die Bakterien sind nicht in den Organismus gelangt und haben keine Infektion ausgelöst.
Daraufhin wurden umfangreiche Hygienemaßnahmen eingeleitet, die über die ohnehin hohen Hygienestandards auf der Neugeborenen-Intensivstation hinausgingen. Insbesondere wurden besiedelte Kinder und nicht-betroffene Kinder von getrennten Pflegeteams betreut, die intensiv geschult wurden. Weiterhin wurden umfangreiche Umgebungsuntersuchungen durchgeführt. Nachdem die Maßnahmen zunächst zu greifen schienen, wurde am 3./4. November 2015 eine zweite Infektion mit Serratien (Nachweis im Blut) bei einem Frühgeborenen auf der Neugeborenen-Intensivstation nachgewiesen. Das Kind hat sehr gut auf Antibiotika angesprochen. Da aber trotz der verschärften Hygienemaßnahmen eine wiederholte Übertragung der Serratien nicht ausgeschlossen werden konnte, hat das Universitätsklinikum Freiburg entschieden, eine zweite Neugeborenen-Intensivstation für Neuaufnahmen zu eröffnen und somit diese von besiedelten und möglicherweise besiedelten Kindern räumlich und personell sicher zu trennen.
„Wir sind zuversichtlich, dass durch unser konsequentes Handeln die Ausbreitung beherrscht werden kann“, erklärt Professor Dr. J. Rüdiger Siewert, Leitender Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums Freiburg.
Die jetzt eingeleiteten Maßnahmen bedeuten auch, dass das Universitätsklinikum Freiburg nach wie vor frühgeborene Kinder behandeln kann. Es besteht kein Aufnahmestopp.
Seit dem Ausbruch wurden alle Patienten in der Neonatologie flächendeckend auf diesen Erreger untersucht. Des Weiteren wurden Flächenabstriche genommen, um eine mögliche Quelle für die Übertagungen zu finden. Die Krankenhaushygiene ist seit dem Ausbruch täglich mit Mitarbeitern auf der betroffenen Station vor Ort. Es werden auch historische Fälle daraufhin geprüft, ob sie mit dem Ausbruch auf der Neugeborenen-Intensivstation in Verbindung stehen könnten.
Die Entbindungsstation ist von den Maßnahmen nicht betroffen. Die Bereiche sind räumlich und personell vollständig voneinander getrennt. Das heißt, Frauen können nach wie vor ihr Kind ohne Risiko in der Universitäts-Frauenklinik zur Welt bringen.
Hintergrund:
Serratien sind Bakterien, die bei vielen Menschen zur Darmflora gehören und in der Regel kein Risiko darstellen. Bei Patienten mit eingeschränkter Immunabwehr, zum Beispiel bei extrem unreifen Frühgeborenen oder schwerstkranken Neugeborenen, können diese Bakterien allerdings auch lebensbedrohliche Infektionen verursachen. Typische Erkrankungen sind Wund- und Harnwegsinfekte, Atemwegsinfekte sowie Lungenentzündung, selten auch Endokarditis, Hirnhautentzündung bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung). Infektionen mit Serratien treten immer wieder sporadisch in Krankenhäusern – auch im Universitätsklinikum Freiburg auf – sind aber in der Regel antibiotisch beherrschbar. Das liegt auch daran, dass der Erreger nur selten erweiterte Resistenzen ausbildet und daher in der Regel sensitiv für viele Antibiotika bleibt, insbesondere auch solche mit denen Frühgeborene schon bei Verdacht auf eine bakterielle Infektion routinemäßig behandelt werden.
Der Keim ist aber nicht nur im Darm zu finden. In der Natur kommt er im Wasser und am Boden, bei Tieren und Pflanzen vor. Mögliche Infektionsquellen sind Ausscheidungen (Urin, Stuhl) und Sekrete, aber auch infizierte Wunden, Wasser und Feuchtbereiche wie Seifenspender oder sogar Desinfektionslösungen mit unzureichend hoher Konzentration.
Wichtige Maßnahmen zur Bekämpfung des Keims sind unter anderem eine korrekte Händedesinfektion sowie das Vermeiden von unnötigem Körperkontakt. Allerdings ist aus vielen Fällen bekannt, dass eine Ausbreitung der Bakterien wegen ihrer Stabilität in der Umwelt schwierig zu unterbrechen sein kann.
Quelle: Universitätsklinikum Freiburg
Internet: https://www.uniklinik-freiburg.de
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