Stiftung Kindergesundheit informiert über Stuhlgang-Probleme bei Babys und kleinen Kindern
Laut Deutscher Gesellschaft für Ernährung leidet jeder siebte bis zehnte Erwachsene in Deutschland unter einer chronischen Verstopfung. Was weniger bekannt ist: Eine chronische „Obstipation“ gehört bereits im Kindes- und Jugendalter zu den häufigsten und manchmal auch hartnäckigsten Gesundheitsstörungen, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in einer aktuellen Stellungnahme.
Wie oft ein Kind sein großes Geschäft macht, was normal und nicht mehr normal ist, hängt sehr vom Alter ab. Besonders unter reiner Muttermilchernährung kann die Streubreite zwischen sechs Mal am Tag und nur alle 10 Tage liegen. Junge Säuglinge pressen bei der Stuhlentleerung z.T. ganz gewaltig mit hochrotem Kopf. Auch das darf nicht mit Verstopfung verwechselt werden und ist normal, solange der Stuhl nicht hart ist und die Kinder gut gedeihen. Mit Einführung der Flaschennahrung oder Beikost entleeren die Kinder meist 1 bis 2 mal pro Tag in die Windel, aber wie bei älteren Kindern und Erwachsenen ist ein Stuhlgang alle 2 Tage ebenfalls noch in der Norm.
„Gerade diese große Variationsbreite in den ersten Lebensjahren verunsichert viele Eltern. Sie beobachten die Stuhlgewohnheiten des Kindes besonders aufmerksam und machen sich bei jeder Unregelmäßigkeit Sorgen“, berichtet Professor Dr. med. Sibylle Koletzko, Pädiatrische Gastroenterologin an der Dr. von Haunerschen Kinderklinik der Universität München. „Das stellt sich zwar in vielen Fällen als unnötig heraus, doch ob das Problem wirklich harmlos ist, kann nur eine Kinderärztin oder Kinderarzt nach genauer Befragung der Eltern und einer gründlichen körperlichen Untersuchung des Kindes entscheiden“.
Wenn nötig, wird die Diagnostik durch Ultraschalluntersuchung und eine Blutentnahme fürs Labor ergänzt. Ausgedehntere Untersuchungen sind meist überflüssig: Organische Ursachen, wie z. B. die angeborene Darmkrankheit „Morbus Hirschsprung“ sind jenseits des Säuglingsalters ausgesprochen selten. Manchmal ist eine Kuhmilcheiweißallergie die Ursache. „Das Ziel ist, eine rasche und effektive Behandlung einzuleiten, damit sich die Verstopfung nicht zu einem chronischen Problem entwickelt“, so Professor Sibylle Koletzko.
Für eine Verstopfung typische Zeichen sind, wenn der Stuhl nur alle paar Tage, aber nicht in der normalen Konsistenz, sondern als harter Batzen oder in kleinen Kugeln entleert wird („Schafkot“). Er ist so fest, dass das Kind Mühe hat, ihn rauszudrücken. Der Bauch ist aufgetrieben, das Kind klagt über Schmerzen.
Was steckt hinter dem Stau im Darm?
Manchmal sind es Änderungen im normalen Tagesablauf, die den Stuhlgang des Kindes durcheinander bringen: eine lange Reise, ungewohntes Essen, eine Krankheit, die das Kind ein paar Tage ans Bett fesselt. Auch psychische Belastungssituationen wirken sich auf die Darmfunktion aus: zum Beispiel ein Umzug, Geburt eines Geschwisters oder Konflikte in der Familie.
Bei Babys kann die Umstellung von der Brust auf das Fläschchen oder die erste Breimahlzeit der Auslöser sein. Kleinkinder wiederum entwickeln manchmal zum Zeitpunkt des Sauberwerdens oder nach einer Durchfallerkrankung eine Verstopfung. Größere Kinder ekeln sich von den schmutzigen Toiletten im Kindergarten oder in der Schule oder haben einfach „keine Zeit“, um aufs Klo zu gehen.
Manche Kinder machen auch als „Kraftprobe“ mit den Eltern „dicht“: Sie unterdrücken den Stuhlgang viele Tage lang. Manchmal steckt ein Protest dahinter, z.B. wenn die Eltern das Kind zu früh zur Sauberkeit erziehen möchten.
Wenn die „Sitzung“ zur Qual wird
Dauert die Verstopfung länger als zwei Monate an, spricht man von „chronischer Obstipation“. „Am Anfang der hartnäckigen Verstopfung steht oft ein wunder Po oder ein winziger, aber sehr schmerzhafter Einriss in der Afterschleimhaut“, berichtet Professor Sibylle Koletzko. „Er entsteht meist durch den zu harten Stuhl. Da das Kind die Schmerzen beim Stuhlgang fürchtet, hält es den Stuhl aktiv zurück, was erneut zur Bildung von zu hartem Stuhl und zu erneuten Schmerzen führt – ein Teufelskreis entsteht“.
Der Versuch, die Stuhlentleerung zu verhindern, führt oft zu abenteuerlichen Manövern: Die Kinder überkreuzen im Sitzen oder Stehen die Beine, hocken auf der eigenen Faust, rutschen auf Stuhllehnen herum oder verkriechen sich unter dem Tisch. Sie bekommen vor Anstrengung oft einen hochroten Kopf.
Eine weitere, sehr unangenehme Folge kann die Ausweitung des Darmes sein, wodurch das Kind nach einer Zeit das Gefühl für den Stuhldrang verliert. Durch Fäulnis entsteht weicher Stuhl, der an den gestauten Kotmassen seitlich vorbeifließt und in kleinen Mengen in die Unterwäsche abgesetzt wird.
Dieses „Stuhlschmieren“ darf nicht als Durchfall fehlgedeutet werden. Es hat mit psychischem Fehlverhalten nichts zu tun: „Das Kind kann nichts dafür! Schimpfen und Bestrafen nützen in dieser Situation überhaupt nichts und sollten unbedingt vermieden werden“, betont Professor Sibylle Koletzko. „Das Kind braucht vielmehr Hilfe, um die Kontrolle über seine Darmfunktionen zurück zu bekommen“.
So rasch wie möglich behandeln!
Eine Verstopfung bei Kindern muss so rasch wie möglich behandelt werden, um ggf. ein Vermeidungsverhalten zu verhindern. Die Behandlung der Verstopfung soll dem Kind zunächst die Angst vor einem schmerzhaften Stuhlgang nehmen. Je nach Alter des Kindes und Dauer des Problems wird die Verstopfung mit unterschiedlichen Mittel behandelt. Die Stiftung Kindergesundheit empfiehlt in Anlehnung an die Vorschläge der „Gesellschaft für Pädiatrische Gastroenterologie und Ernährung“ folgendes Vorgehen:
Säuglinge und junge Kleinkinder:
Kindergarten- und Schulkinder:
Welche Abführmittel für Kinder?
Mittlerweile s
tehen dazu für Kinder Produkte in Pulverform zur Verfügung. Sie enthalten langkettige Moleküle, so genannte Polyethylenglykole (PEG, auch Macrogol genannt), die aufgrund ihrer osmotischen Wirkung im Darm Wasser binden und den Stuhl weich machen. Sie werden unverändert ausgeschieden. Das Pulver wird in Wasser oder andere Flüssigkeiten eingerührt und getrunken, kann aber auch mit Suppe oder Brei gegeben werden. Die Präparate können aufgrund ihrer guten Verträglichkeit auch über einen längeren Zeitraum angewandt werden.
Zum Abführen bei Kindern ebenfalls im Gebrauch sind auch noch Lactulose und – seltener – Paraffinöl. Sie haben jedoch mehr Nebenwirkungen wie Bauchweh und Blähungen als PEG.
Die Eltern sollten geduldig sein, unterstreicht die Stiftung Kindergesundheit: Nur eine konsequente und langfristige Behandlung kann den Teufelskreis von Stuhlverhaltung und Darmausweitung unterbrechen. Es kann mitunter viele Monate dauern, bis sich die Entleerungsstörung wieder normalisiert.
Was sonst noch hilft
Das Wichtigste zur Vorbeugung: Gesunde Ernährung mit vielen Ballaststoffen, genügend Flüssigkeit und Bewegung. Kinder, die zu Verstopfung neigen, sollten weniger Kuchen, Weißbrot, Schokolade, und Milch bekommen. Stattdessen mehr Obstsäfte, Gemüse, Salate, Vollkornbrot, Haferflocken, Obst und Joghurt.
Über die Entstehung und die Behandlung der Verstopfung kursieren viele wissenschaftlich unbewiesene Annahmen. Hier zwei Beispiele:
Quelle: Stiftung Kindergesundheit
Internet: http://www.kindergesundheit.de/
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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