München – Immer häufiger führen Kinderchirurgen Operationen minimalinvasiv durch. Bei einigen Erkrankungen hat sich die sogenannte Schlüsselloch-Technik inzwischen klar durchgesetzt – etwa bei der Korrektur der Trichterbrust, einer der häufigsten Fehlbildungen bei Kindern im Brustbereich.
„Hier ist die minimalinvasive Operation zum Goldstandard geworden“, erklärt Professor Dr. med. Peter M. Vogt, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Chirurgie (DGCH). Zu ihren Vorteilen zählen deutlich kürzere Operationszeiten, kleinere Narben, weniger Schmerzen und Blutverlust. Wann die Chirurgie der kleinen Schnitte in Frage kommt und worauf Eltern bei der Wahl des Operateurs achten sollten, erläutern Experten auf einer Vorab-Pressekonferenz der DGCH anlässlich des 132. Chirurgenkongresses am 22. April 2015 in München.
Kommen Kinder mit einem nach innen gewölbten Brustbein auf die Welt, spricht man von einer Trichterbrust. Etwa acht von 1000 Geburten sind betroffen, Jungen vier Mal häufiger als Mädchen, die Ursache ist unbekannt. Eine Gefahr stellt die Trichterbrust in der Regel nicht dar, auch wenn sie die Leistungsfähigkeit von Herz und Lunge einschränken kann. „Allerdings leiden die Jugendlichen häufig unter vermindertem Selbstwertgefühl, Schamgefühlen und Kontaktarmut“, erläutert Professor Dr. med. Stuart Hosie, Kongresspräsident der Deutschen Gesellschaft für Kinderchirurgie (DGKCH) und Chefarzt der Kinderchirurgie am Städtischen Klinikum München GmbH.
Bis zum Jahr 2002 korrigierten Chirurgen in Europa die Fehlbildung mit einer offenen Operation. Sie erforderte einen größeren Schnitt in der Brustwand, um den eingedrückten Brustknorpel zu durchtrennen und aufzurichten. Nachdem der US-Chirurg Dr. med. Donald Nuss der Fachwelt 1998 erstmals ein minimalinvasives Vorgehen präsentierte, trat die „Nuss-OP“ ihren Siegeszug bald in ganz Europa an. Der Eingriff kommt mit nur zwei kleinen Schnitten an den Seiten aus, durch die unter Videokontrolle ein Stahlbügel eingezogen wird, der die eingedrückte Brustwand aufrichtet. Der Bügel wird nach drei Jahren wieder entfernt.
„Das minimalinvasive Vorgehen hat klare Vorteile“, betont Hosie. So dauert die offene Operation zwischen vier und fünf Stunden, die Schlüsselloch-Variante nur etwa eine Stunde. „Zudem verursacht die Nuss-OP bei einer vergleichbaren Komplikationsrate erheblich weniger Schmerzen, weniger Blutverlust – und nur zwei kleine Narben“, erläutert der DGKCH-Experte. Voraussetzung für ein minimalinvasives Vorgehen ist die ausreichende Erfahrung des Operateurs mit mindestens 30 angeleiteten Eingriffen. „Eltern sollten sich nicht scheuen, den Chirurgen nach seiner Erfahrung mit der OP-Technik zu fragen“, rät Hosie.
Auch auf anderen Gebieten ist die minimalinvasive Kinderchirurgie aufgrund der benannten Vorteile auf dem Vormarsch. Dies gilt beispielsweise für die Entfernung von Eierstockzysten, Verlagerung des Bauchhodens, Operationen in der Brusthöhle, Blinddarmoperation, Milz- und Gallenblasenentfernung. „Die überwiegende Zahl deutscher Kinderchirurgen arbeitet heute auch minimalinvasiv“, erklärt Hosie. Umstritten bleibt die Schlüsselloch-Technik beim Leistenbruch.
Quelle: Deutsche Gesellschaft für Chirurgie (DGCH)
Internet: www.dgch.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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