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Ärzte schlagen Alarm: Pädiatrische Versorgung in Baden-Württemberg ist dauerhaft gefährdet

Im Südwesten Deutschlands könnte jede vierte Kinder- und Jugendarztkassenpraxis verloren gehen. Dabei ist das politische Ziel der großen Koalition eine Sicherung einer flächendeckenden ärztlichen Versorgung. Nach dem Kabinettsentwurf des GKV-Versorgungsstärkungsgesetzes soll bei einer „Überversorgung“ von mehr als 110% laut Bedarfsplanung des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) kein kassenärztlicher Versorgungsauftrag mehr an einen Praxisnachfolger übergeben werden können bzw. nur noch in eng definierten Ausnahmefällen.

 
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) und die Pädiatergenossenschaft „PädNetzS“ befürchten, dass durch das geplante GKV-Versorgungsstärkungsgesetz genau das Gegenteil einer Versorgungsstärkung mit Kinder- und Jugendärzten erreicht wird. Warum? Baden-Württemberg ist laut Bedarfsfestsetzung von 1990 mit Kinder- und Jugendärzten „planerisch“ überversorgt. Die Wirklichkeit ist aber, dass in den meisten dieser überversorgten Gebiete die Wartezimmer brechend voll sind und in vielen Regionen Eltern händeringend einen Kinder- und Jugendarzt suchen.

In einigen Regionen Baden-Württembergs fehlen bereits heute Kinder- und Jugendärzte

Aus einer Umfrage von PädNetzS in 16 beispielhaft ausgewählten Landkreisen geht hervor, dass die sogenannte Bedarfsplanung mit der Versorgungswirklichkeit nichts zu tun hat: „Viele Regionen leiden schon heute unter einer erheblichen Unterversorgung. Im Enzkreis, in Pforzheim und etlichen anderen Kreisen haben in den letzten Jahren gut gehende Kinder- und Jugendarztpraxen geschlossen, ohne einen Nachfolger zu finden. Die offizielle Bedarfsplanung basiert auf Zahlen des Jahres 1990 und bildet die tatsächliche Versorgungsrealität in keiner Weise ab“, kritisiert Thomas Jansen, Initiator der Umfrage und Aufsichtsrat von PädNetzS aus Stuttgart.

Praxisübergaben werden zunehmend problematischer

Die niedergelassenen Pädiater in Baden-Württemberg befürchten, dass sich die Versorgungssituation in der Zukunft noch schwieriger gestalten wird. „Ein Ergebnis der Umfrage war auch, dass in manchen Regionen 20 bis 40% der niedergelassenen Kinder- und Jugendärzte über 60 Jahre alt sind. In zehn Jahren haben etwa 200 davon die Altersgrenze von 70 überschritten. Dort werden also bald Nachfolger gesucht werden. Über 70% der nachfolgenden Pädiatergeneration sind Frauen. Tendenz steigend. Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird in vielen Fällen dazu führen, dass das heute vorherrschende Modell der hochfrequentierten Einzelpraxis zurückgeht und es vermehrt andere Organisationsformen und Kooperationsmodelle mit angestellten Ärzten geben wird.

Aus allen diesen Gründen muss unbedingt ein zeitgemäßer Bedarfsplan erarbeitet werden. Bis zur Feststellung des tatsächlichen Bedarfs darf kein Arztsitz gestrichen werden.

„Wir sind die Hausärzte der Kinder und der Jugendlichen. Eltern und ihre Kinder erwarten auch in Zukunft eine qualifizierte pädiatrische Versorgung – und die wollen wir auch für zukünftige Generationen sichern“, appelliert Dr. Roland Fressle, Landesvorsitzender des BVKJ in Baden-Württemberg, an die politisch Verantwortlichen.

Zukünftigen Kinder- und Jugendärzten muss der Weg in die Niederlassung geebnet werden; daher fordert der BVKJ eine Förderung der Weiterbildung in den Praxen, die – analog zu den Allgemeinmedizinern – ausreichend finanziert ist, und keine Verschärfung, sondern eine Erleichterung der Niederlassungsmöglichkeiten. Denn nicht nur in Baden-Württemberg gefährdet die veraltete Bedarfsplanung Arztsitze. Ähnliche Versorgungsengpässe sind auch aus anderen Bundesländern bekannt. So sind z.B. in Bayern und Nordrhein-Westfalen laut Bedarfsplanung etwa 20% der pädiatrischen Arztsitze bedroht.
 

Quelle: Pädnetz S – Umfrage zur Versorgungssituation in den Kinder- und Jugendarztpraxen in Baden Württemberg

Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
Internet: http://www.kinderaerzte-im-netz.de

Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0


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