Oft zu spät erkannt: Pulmonale Hypertonie bei Kindern ist selten, aber gefährlich
Pulmonale Hypertonie (PH, Lungenhochdruck) im Kindesalter ist eine seltene und schwere Erkrankung, deren Diagnostik und Therapie individuell abgestimmte, hochspezialisierte Untersuchungen und Behandlungsformen erfordern. In Deutschland besteht eine Versorgungslücke im Bereich der pulmonalen Hypertonie, vor allem für Kinder.
An der Medizinischen Hochschule Hannover (MHH) besteht seit nunmehr einem Jahr das „Zentrum für Pulmonale Hypertonie im Kindesalter“ – in dieser Form einzigartig in Deutschland. „Wir verfügen neben unserer PH-Spezialambulanz und dem neuen Herzkatheterlabor auch über ein direkt angeschlossenes, translationales Forschungslabor“, sagt Professor Dr. Georg Hansmann, Leiter des Zentrums und Oberarzt in der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin. Mit einer Festveranstaltung wurde am Dienstag, 11. Februar 2014, das einjährige Bestehen gefeiert und weitere Ziele gesteckt.
Um die optimale klinische Versorgung, Forschung und Vernetzung voranzutreiben, gründete Professor Hansmann zusammen mit einem Kollegen aus Gießen die Arbeitsgemeinschaft Pulmonale Hypertonie im Kindesalter, in der Experten aus Deutschland, Österreich und der Schweiz zusammenarbeiten. In seinem ersten Jahr an der MHH konnte Professor Hansmann, der zuvor achteinhalb Jahre in den USA (UC San Francisco, Stanford und Harvard University) gearbeitet hatte, finanzielle Unterstützung von der Stiftung KinderHerz und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) für den Aufbau des Zentrums und die Durchführung innovativer Forschungsprojekte einwerben. Zudem unterstützt Professor Dr. Philipp Beerbaum, Direktor der Klinik für Pädiatrische Kardiologie und Intensivmedizin, und die MHH die Gründung des Zentrums ausdrücklich. Die Stiftung KinderHerz fördert das Projekt für drei Jahre. „Mit Unterstützung unserer Organisation wurde die nationenübergreifende Arbeitsgemeinschaft Pulmonale Hypertonie im Kindesalter gegründet, denn unser Ziel ist es, die Versorgungsstrukturen für herzkranke Kinder weiter zu optimieren. Dabei sollen die Fördermittel so effizient wie möglich eingesetzt werden. Die Förderung dieses Zentrums an der MHH ist eine wichtige Weiterentwicklung“, betont Sylvia Paul, Vorstand der Stiftung.
Pulmonale Hypertonie schadet dem Herz
Das Kreislaufsystem des Menschen gliedert sich in den Körperkreislauf und den Lungenkreislauf. Im Körperkreislauf wird das sauerstoffreiche, arterielle Blut von der linken Herzkammer durch den gesamten Körper gepumpt und versorgt alle Organe mit Sauerstoff. Das sauerstoffarme, venöse Blut gelangt zur rechten Herzkammer, die es in den Lungenkreislauf pumpt. In der Lunge wird der eingeatmeten Luft der Sauerstoff entzogen und über die Lungebläschen in die Lungengefäße und das sich darin befindende Blut befördert. Der Lungenkreislauf ist bei Gesunden ein Niederdrucksystem mit hohem Blutfluß – dies kehrt sich bei Patienten mit pulmonaler Hypertonie um, das Resultat ist das Versagen der rechten Herzkammer.
Krankheit wird im Anfangsstadium oft mit Asthma verwechselt
Die pulmonalarterielle Hypertonie ist mit zwei bis 15 Fällen pro Million Kinder sehr selten, allerdings wird die Erkrankung oft nicht oder nur sehr spät erkrankt. Die Ursachen für eine Pulmonale Hypertonie können vielschichtig sein und sind erst in Ansätzen erforscht. „Neugeborene können daran leiden – bei ihnen kann die Krankheit aber mit Verbesserung der Lungenbelüftung wieder verschwinden“, sagt Professor Hansmann. Auch ein angeborener Herzfehler kommt als Ursache in Frage. Dabei sind oft die beiden Herzkammern über ein Loch miteinander verbunden. „Verschließen wir frühzeitig dieses Loch, haben wir in den meisten Fällen auch den Lungenhochdruck beseitigt.“ Besondere Probleme bereiten die Fälle, in denen die kleinsten Lungengefäße über mehrere Monate einem erhöhten Druck und Scherkräften ausgesetzt sind. „Die Gefäße verändert sich, werden immer enger, bilden tumorartige Knoten“, erklärt er, „es kommt zur fortschreitenden pulmonalen Gefäßerkrankung mit Beeinträchtigung vor allem der rechten aber auch der linken Herzkammer. Der Lungenhochdruck wird oft zu spät diagnostiziert, etwa, weil er mit Asthma verwechselt wird“, ergänzt der Arzt. Die Symptome sind im Anfangsstadium allerdings auch sehr unspezifisch: Atemnot bei Belastung, rasche Ermüdung, körperlicher Leistungsabfall, später auch Schwindelgefühle. In späteren Stadien der Erkrankung kann es zu einer plötzlichen Bewusstlosigkeit (Synkope) kommen.
Diagnose mit Ultraschall und Herzkatheter
Um die Diagnose zu sichern, führen die Ärzte Ultraschalluntersuchungen des Herzens durch. Die rechte Herzkammer ist bei Patienten mit Lungenhochdruck krankhaft vergrößert und verdickt. „Das rechte Herz muss immer stärker pumpen, um überhaupt noch Blut in den Lungenkreislauf zu bekommen“, sagt Professor Hansmann, „denn die Gefäßverengungen machen den Transport fast unmöglich.“ Mit Herzkatheteruntersuchungen und weiterer Bildgebung kann das Fortschreiten der Erkrankung erkannt werden.
Auf der Suche nach Biomarkern und innovativen Therapien
Die Behandlung der Erkrankung ist schwierig. „Bislang gibt es nur eine einzige randomisierte Studie von Kindern mit PH“, sagt Professor Hansmann. Als letzte Therapieoption bleibt die Lungentransplantation. Begrenzte Behandlungserfolge gibt es mit dem Wirkstoff Prostacyclin, allerdings nur, wenn er dauerhaft in eine Vene gegeben wird. Drei weitere Wirkstoffgruppen sind derzeit im Einsatz. „Das sind aber leider nur Schrotschusstherapien, die das Fortschreiten der Erkrankung verlangsamen können, die entscheidenden Krankheitsprozesse aber oft nicht wesentlich beeinflussen“, betont Professor Hansmann. „Wir wollen aber hin zu einer maßgeschneiderten Therapie, individuell angepasst auf den Patienten.“ Sein Forschungslabor ist auf der Suche nach Biomarkern, um ein Profil für jeden einzelnen Patienten zu erstellen „Die Ursachen, die zu Pulmonaler Hypertonie führen, sind extrem vielfältig. Dem müssen wir durch neue, innovative Therapien in Zukunft Rechung tragen.“ Dabei wird auch nach einem neuen Medikament gesucht, das zum einen den Umbau in den Lungengefäßen, also die Verengung, stoppt oder sogar rückbildet. Zum anderen sollten neue Wirkstoffe die Funktion der rechten Herzkammer verbessern.
Quelle: Medizinische Hochschule Hannover (MHH)
Internet: http://www.mh-hannover.de/
Bild: CleanKids
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