Jeden Tag werden in Deutschland Kinder gequält oder zu Tode geprügelt. Das Bundeskriminalamt zählt jährlich rund 4000 Opfer von schweren Misshandlungen. Experten gehen von einer weitaus höheren Dunkelziffer aus. In der „ZDFzoom“-Dokumentation „Kinderschutz am Pranger – Gerichtsmediziner klagen an“, die am Mittwoch, 5. Februar 2014, 22.45 Uhr, zu sehen ist, begibt sich Reporter Detlef Schwarzer auf Ursachenforschung. Er will herausfinden, warum der Kinderschutz in Deutschland immer wieder versagt.
Lena wurde nur sieben Monate alt. Das Mädchen wurde vom eigenen Vater getötet. Er sei wütend gewesen, gab er später zu Protokoll. Der Fall der kleinen Lena steht stellvertretend für Misshandlungen an wehrlosen Kindern. Die Taten geschehen häufig dort, wo sich die Kleinsten eigentlich am sichersten fühlen müssten: in der Familie. Die Täter sind meist die eigenen Eltern, deren neue Lebenspartner oder Pflegeeltern. Besonders erschreckend ist: Viele dieser Familien waren in Betreuung der Jugendämter
„ZDFzoom“-Dokumentation
Kinderschutz am Pranger – Gerichtsmediziner klagen an Mittwoch, 5. Februar 2014, 22.45 Uhr |
Anfang 2012 wurde ein neues Kinderschutzgesetz erlassen, um Kinder besser vor Verwahrlosung, Gewalt und sexuellem Missbrauch zu schützen. Doch Experten kritisieren, das Gesetz habe nichts bewirkt.
Die Berliner Rechtsmediziner Dr. Saskia Guddat und Prof. Michael Tsokos haben zahlreiche Misshandlungsopfer begutachtet und obduziert. Sie mussten immer wieder feststellen, dass Sozialarbeiter und Ärzte auch bei erkennbaren Misshandlungsfällen oft nicht reagieren und der Kinderschutz häufig kläglich versagt.
Quelle: ZDF Pressestelle
Internet: http://www.zoom.zdf.de/
Stellungnahme des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte weist den Vorwurf, Kindesmisshandlungen bewusst zu übersehen, mit Nachdruck zurück. Berliner Rechtsmediziner haben behauptet, Kinder- und Jugendärzte würden Kindesmisshandlungen bewusst übersehen, um ihr Einkommen nicht zu gefährden.
Zu diesem Vorwurf bezog heute in Köln Dr. Wolfram Hartmann, Präsident des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) Stellung: “ Der von den Berliner Rechtsmedizinern erhobene Vorwurf ist völlig absurd und verkennt die schwierige Entscheidungslage, in der sich Kinder- und Jugendärzte befinden, wenn nur ‚ein Bauchgefühl‘ eine Kindeswohlgefährdung vermuten lässt, aber keinerlei offensichtliche körperliche Auffälligkeiten oder gar Verletzungen bestehen. Der Alltag mit Kindern und ihren Familien aus unterschiedlichsten sozialen Gruppierungen ist im Alltag deutlich komplizierter als die Diagnostik im Rahmen der Rechtsmedizin.
Gerichtsmediziner werden von uns Kinder- und Jugendärzten zur Hilfe gerufen, wenn wir – egal ob in Klinik oder Praxis – bereits einen sehr konkreten Verdacht haben. Die Kinder, die uns in diesem Zusammenhang auffallen, sind in der Regel medizinisch erkennbar Misshandlungs- oder Vernachlässigungsopfer.
Zum Glück sind der Verdacht auf eine Kindesmisshandlung oder die bereits vorhandene Auffälligkeit im Alltagsbetrieb selten. Gerichtsmediziner werden erst bei konkretem Verdacht auf Misshandlung eingebunden. Ein Gerichtsmediziner sieht Häufigkeiten, die den Praxisalltag nicht abbilden.“
„Wir müssen nicht-öffentlich Ross und Reiter nennen dürfen!“
Hartmann fordert zum wiederholten Mal die gegenwärtig vom Kinderschutzgesetz ausdrücklich nicht gewünschte Möglichkeit, sich bei nur vagen Verdachtsmomenten auch ohne Kenntnis der Eltern offen, d.h. unter Nennung des Kindesnamens mit anderen Professionen und Institutionen (wie ErzieherInnen, LehrerInnen, Kinder- und Jugendgesundheitsdienst, Jugendamt) austauschen zu können.“ Ein solcher Austausch wäre wichtig, um im Vorfeld weiterer u.a. auch polizeilicher Maßnahmen entweder einen Verdacht zu erhärten oder aber abzumildern bzw. auszuschließen. Der Austausch geschehe unter Geheimnisträgern und diene dem Schutz der Kinder.
Der Kinder- und Jugendgesundheitsdienst bzw. das Jugendamt haben die Möglichkeit, Familien auch gemeinsam aufzusuchen und sich einen vertiefenden Eindruck über eine das Kindeswohl möglicherweise beeinträchtigende Situation zu verschaffen. „Würden wir dagegen bei nur sehr vagem Verdacht die Eltern mit einem Misshandlungsverdacht konfrontieren, um ihre Erlaubnis für eine Information aus dem Jugendamt oder dem KJGD zu erlangen, würde eine solche Familie aller Erfahrung nach den Kontakt mit dem/der entsprechenden Kollege/in abbrechen. Damit wäre ein solches Kind aus den Augen verloren und um so mehr gefährdet,“ so Dr. Wolfram Hartmann.
Hartmann rät zur Sachlichkeit bei dem schlimmen Thema der Kindeswohlgefährdung und zu einem ständigen Dialog all derer, die mit dem Kindeswohl professionell zu tun haben. Die Einrichtung regelmäßig tagender Runder Tische, die alle Akteure zusammenbringen, wäre ein wichtiger Schritt in diese Richtung. Hartmann verweist in diesem Zusammenhang auf die gute Regelung des Berliner Kinderschutzgesetzes, in dem sog. Kinderschutzbeauftragte sowohl beim Familien- wie auch Gesundheitsamt eingerichtet und zum gegenseitigen Kontakt wie aber auch zur Einrichtung Runder Tische verpflichtet sind.
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Quelle:
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte e.V.
http://www.kinderaerzte-im-netz.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain CC0
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