Die deutsche Lebensmittel- und Bedarfsgegenständeüberwachung setzt jedes Jahr Schwerpunkte bei ihren Kontrollen. 2012 stand besonders der Schutz von Kindern als Konsumenten im Mittelpunkt. Das zeigen die Daten der Bundesländer zur Lebensmittelüberwachung für das Jahr 2012, die das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) am Dienstag in Berlin veröffentlicht hat. Ein weiterer Schwerpunkt der Lebensmittelkontrolleure war es, die Täuschung von Verbrauchern durch falsche Aufmachung oder Kennzeichnung aufzudecken.
Kinder sind als Konsumenten und Verbraucher besonders schutzwürdig
, erklärteBVL-Präsident Dr. Helmut Tschiersky bei der Vorstellung der Ergebnisse.„Schadstoffe können ihre Entwicklung negativ beeinflussen. Diese können sie nicht nur über die Nahrung, sondern auch durch ihr Spielzeug aufnehmen, da sie es nicht nur in die Hand nehmen, sondern auch ablecken oder in den Mund stecken.“
Deshalb wurden im Rahmen des Monitorings, einem von Bund und Ländern gemeinsam durchgeführten Beobachtungsprogramm, lackiertes Holzspielzeug für Kinder unter 36 Monaten und Buntstifte aus lackiertem Holz auf Weichmacher, insbesondere Phthalate, untersucht. Bei beiden Produkten kam es gleichermaßen zu Überschreitungen der Konzentrationsgrenzwerte für verschiedene reproduktionstoxische Phthalate. So wurde der Konzentrationsgrenzwert für die Summe der Phthalate BBP, DBP und DEHP bei Holzspielzeug in 9,1 Prozent der untersuchten Proben sowie bei Buntstiften in 20,7 Prozent der untersuchten Proben überschritten. Auch Acetyl-Tributylcitrat und Diethylhexyladipat wurde in zahlreichen Proben nachgewiesen.
Zwei weitere Produktgruppen, die von Kindern genutzt bzw. konsumiert werden, wurden im Rahmen des Bundesweiten Überwachungsplans (BÜp) 2012 untersucht, der vom BVL koordiniert wird.
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Nickel ist das Kontaktallergen mit der höchsten Sensibilisierungsrate, etwa 10 Prozent aller Kinder sind gegenüber Nickel sensibilisiert. Bereits im Rahmen desBÜp 2010 wurde festgestellt, dass eine Nickelfreisetzung aus 28 Prozent der untersuchten Spielzeugproben aus Metall erfolgte. 2012 sollte deshalb ergänzend die Nickelfreisetzung aus metallischen Spielzeugen, bei denen ein längerer, direkter Hautkontakt beim Spielen zu erwarten ist, quantifiziert werden. In 20 Prozent der untersuchten 168 Proben war keine Nickelfreisetzung nachweisbar, eine Überschreitung des gesetzlichen Grenzwertes wurde in 24 Prozent der untersuchten Spielzeuge festgestellt. Besonders auffällig waren die Metall- und Modellbaukästen, bei denen 87 Prozent der untersuchten Proben den Grenzwert teilweise erheblich überschritten.
„Die Ergebnisse zeigen, dass Kinder beim Spielen mit Metallspielzeug viel zu oft einer erheblichen Nickelfreisetzung ausgesetzt sind“
, so BVL-Präsident Dr. Helmut Tschiersky. „Hersteller und Importeure müssen ihrer Verpflichtung, nur sichere Produkte in den Handel zu bringen, stärker nachkommen.“
Auch im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung werden diese Produkte verstärkt untersucht.
Seit dem 20. Juli 2010 müssen Lebensmittel mit den wasserlöslichen Azofarbstoffen Gelborange S (E 110), Azorubin (E 122), Allurarot AC (E 129), Tartrazin (E 102), Cochenillerot A (E 124) sowie Chinolingelb (E 104) zusätzlich mit dem Hinweis „Kann Aktivität und Aufmerksamkeit bei Kindern beeinträchtigen” versehen werden. Im Rahmen des BÜp 2012 wurden die bei Kindern besonders beliebten Produktgruppen Speiseeis, Süßwaren, Feine Backwaren und alkoholfreie Getränke dahingehend untersucht, ob die Vorschrift eingehalten wird. In 22 Prozent der 863 untersuchten Proben wurde mindestens einer der Farbstoffe nachgewiesen, wobei der Anteil nicht richtig gekennzeichneter Proben 65 Prozent bei Feinen Backwaren, 64 Prozent bei Speiseeis, 37 Prozent bei Süßwaren und 21 Prozent bei alkoholfreien Getränken betrug.
Mehrere Programme des Bundesweiten Überwachungsplans 2012 verfolgten das Ziel, mögliche Verbrauchertäuschungen festzustellen.
Bestimmte Duftstoffe mit allergenem Potential (wie zum Beispiel Limonen oder das für Rosen charakteristische Eugenol) sind kennzeichnungspflichtig. Auf das Nichtvorhandensein dieser Stoffe weisen Hersteller auf den Verpackungen oft werbewirksam hin. „Verbraucher müssen sich auf diese Angaben verlassen können“, betont Dr. Viola Neuß, Vorsitzende der Länderarbeitsgemeinschaft Verbraucherschutz (LAV). „Unsere Untersuchungen haben aber gezeigt, dass in vielen Fällen mehr drin ist als drauf steht.“ So wurden im Rahmen des BÜp 2012 186 Körperpflegemittel, die als „parfümfrei“ ausgelobt waren, auf allergene Stoffe hin untersucht. Bei ca. einem Fünftel wurden Duftstoffe nachgewiesen.
2013 machte vor allem das Pferdefleisch Schlagzeilen. Aber auch andere Tierarten sind in manchen Produkten zu finden, wo sie so nicht zu erwarten sind. Entsprechend der allgemeinen Verkehrsauffassung und Verbrauchererwartung ist in Brühwürsten nur die Verarbeitung von Rind- und Schweinefleisch zulässig. Geflügelfleisch darf nur bei entsprechender Kennzeichnung verwendet werden. 858 Proben von Brühwurst, in denen die Verarbeitung von Geflügelfleisch nicht gekennzeichnet war, wurden im Rahmen des BÜp untersucht. Huhn und/oder Pute wurden in 10,1 Prozent der Proben nachgewiesen, wobei Pute häufiger festgestellt wurde als Huhn.
Der Pferdefleischskandal mit seinen vielfältigen Verflechtungen und Beteiligungen von Firmen in der gesamten EU hat gezeigt, dass Betrug an keiner Grenze halt macht. „Die Bekämpfung von Lebensmittelbetrug ist daher auch auf europäischer Ebene ein prioritäres Thema“, erklärte Dr. Gerd Fricke, Leiter der für Lebensmittel zuständigen Abteilung des BVL. „Alle Mitgliedstaaten haben gegenüber der Europäischen Kommission nationale Kontaktpunkte benannt – für Deutschland nimmt diese Funktion das BVL wahr.“ Die nationalen Kontaktpunkte dienen dem schnellen Informationsaustausch zwischen den Mitgliedstaaten und der Kommission und sollen Strategien für eine schnelle Erkennung von Betrugsfällen und deren effiziente Bekämpfung erarbeiten. Häufig laufen Betrügereien nach ähnlichen Mustern ab, so dass Erkenntnisse in einem Mitgliedstaat helfen können, Fälle in anderen Ländern aufzudecken.
In einem weiteren Programm des Bundesweiten Überwachungsplanes 2012 wurden die Systeme zur Rückverfolgung in kleinen und mittleren Betrieben kontrolliert. Lebensmittelunternehmer müssen sicherstellen, dass sie über Dokumente bzw.Daten verfügen, die es erlauben, dass nicht sichere Lebensmittel effizient vom Markt zurückgenommen werden können. Allerdings hatte beispielsweise die Rückverfolgung von Sprossen und Saaten bei der Aufklärung des EHEC-Ausbruchs 2011 gezeigt, dass besonders kleinere und mittlere Betriebe diese Anforderung nicht immer erfüllen. Bei der Kontrolle von 1.165 Betrieben im Rahmen des BÜp fiel auf, dass bei der Dokumentation besonders nicht zertifizierte Betriebe Mängel aufwiesen (27 Prozent), während zertifizierte Betriebe deutlich besser abschnitten (14 Prozent). Dr. Viola Neuß: „Eine einwandfreie ’Rückverfolgbarkeit’ zu gewährleisten, ist das A und O eines erfolgreichen Krisenmanagements und effektiven Verbraucherschutzes. Die Ergebnisse zeigen, dass die Unternehmen hier schnell nachbessern müssen. Die Kontrollbehörden werden weiter an diesem Thema dranbleiben.“
Die amtliche Lebensmittelüberwachung der Länder hat im Jahr 2012 insgesamt 881.406 Kontrollbesuche in 529.969 Betrieben durchgeführt. Bei 26 Prozent (rund 138.000 Betrieben) stellten die Kontrolleure Verstöße fest und leiteten entsprechende Maßnahmen ein. Von den 396.386 untersuchten Lebensmittelproben wurden 12 Prozent (48.513) beanstandet.
Quelle: Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit
Internet: www.bvl.bund.de
Bild: Pixabay – Lizenz: Public Domain
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