Testeinkäufe von Haus- und Gartenpestiziden in Baumärkten, Gartencentern, Lagerhäusern und im Internet, die die österreichische Umweltschutzorganisation GLOBAL 2000 im Rahmen eines gemeinsamen Projekts mit dem oberösterreichischen Umwelt-Landesrat Rudi Anschober durchgeführt hat, stellen den Verkaufsmärkten und dem Verkaufspersonal ein verheerendes Zeugnis aus:
In 41 von 54 Fällen – das entspricht rund drei Viertel der Testkäufe – musste die Beratungsleistung mit einem klaren „Nicht Genügend“ bewertet werden, da Informationen, die für eine Eingrenzung von Risiken für Mensch oder Umwelt essentiell sind, selbst auf Nachfrage nicht erteilt wurden.
Dies ist nicht nur riskant für Mensch und Umwelt, sondern eine Missachtung der geltenden Gesetze: Die Pflanzenschutzmittelverordnung sieht für Händler, die Pestizide für den Haus- und Kleingartenbereich verkaufen, eindeutige Informationspflichten vor:
Es muss jederzeit über
Landesrat Anschober meint hierzu: „Hier werden geltende Gesetze auf das Gröbste missachtet. Die Gefahr, die von diesen Produkten ausgeht, ist nicht zu vernachlässigen. Die Verantwortung darf hier nicht nur an die KundInnen abgegeben werden.“
Die Testeinkäufer/innen von GLOBAL 2000 absolvierten insgesamt 54 Einkäufe , 15 davon in OÖ, 20 in NÖ und 19 in Wien, alle nach einem standardisierten Schema. Die Erfahrungen wurden umgehend protokolliert und die Beratung durch das Fachpersonal anhand einer Checkliste bewertet. „Bei keinem einzigen unserer 54 Testeinkäufe wurden wir auch nur annähernd in dem gesetzlich vorgeschriebenen Umfang informiert. Im Gegenteil, Informationen kamen – wenn überhaupt – fast immer erst auf Nachfrage und waren überdies größtenteils falsch bzw. irreführend“, berichtet GLOBAL 2000 – Umweltchemiker Helmut Burtscher und veranschaulicht dies anhand eines Beispiels: “Einer unserer Testeinkäufer/innen wurde etwa ein Insektizid verkauft, dessen Anwendung ab Dezember EU-weit aufgrund seiner Bienengiftigkeit verboten ist. Über dessen Gefährlichkeit für Bienen oder den bevorstehenden Zulassungsstopp wurde unsere Einäuferin aber erst auf Nachfrage informiert. Und als sie sagte, dass sie sich in Anbetracht des EU-Verbots gerne noch mit einem Vorrat eindecken möchte, und sich nach der Haltbarkeit des Pestizids erkundigte, wurde ihr mitgeteilt, dass der Pestizidwirkstoff Imidacloprid gute chemische Beständigeit aufweist und daher auch nach Jahren kaum an Wirksamkeit einbüßt. Kein Wort darüber, dass die Anwendung im Hausgarten ab 1. Dezember unter Strafe steht und mit Geldstrafen von bis zu 50.000 Euro bedroht ist.“
Weitere Erkenntnisse aus dem Einkaufstest
In Deutschland gilt: |
Der Unkrautvernichter Glyphosat, der im Verdacht steht, fruchtschädigende und krebserregende Wirkung zu haben, und nicht nur im Körper jedes/r zweiten Europäers/in nachweisbar ist (GLOBAL 2000 berichtete), sondern auch in Bächen, Flüssen und im Grundwasser, wurde in nahezu allen Testeinkäufen als sowohl gesundheitlich als auch ökologisch unbedenklich beschrieben.
Ein weiteres Problemfeld, das der Einkaufstest aufgezeigt hat, ist dass viele dieser Haus- und Gartenpestizide auch über Internetplattformen wie Amazon und Ebay bezogen werden können.
Besonders erschreckend:
Produkte mit dem Wirkstoff Thiacloprid, ein Pestizidwirkstoff, der sogar laut Sicherheitsdatenblatt „vermutlich beim Menschen Krebs erzeugt“, wurden in allen Testeinkäufen auch auf Nachfrage durch die Bank als für die Gesundheit unbedenklich dargestellt.
„Überraschend für uns war, dass in den spezialisierten Raiffeisen-Lagerhäusern die Beratungsqualität in keiner Weise besser oder umfangreicher war als in den Baumärkten“, berichtet Burtscher. Umfangreicher war nur das Angebot: So war beispielsweise dort ein Produkt für den privaten Gebrauch erhältlich, das den krebserregenden Wirkstoff Thiacloprid in 49-prozentiger Konzentration enthält. Zum Vergleich: Thiaclopridhältige Produkte in den Baumärkten wiesen Konzentrationen zwischen 0,15 und 0,9 Prozent auf.
Gesetzesverstöße und Konsequenzen
Burtscher erklärt: „Laut Pflanzenschutzmittelverordnung 2011 dürfen Produkte, die als krebserregend einzustufen sind, im Haus- und Kleingartenbereich nicht eingesetzt werden. Dass diese in den Lagerhäusern dennoch an Private verkauft werden, wird GLOBAL 2000 juristisch prüfen und gegebenenfalls zur Anzeige bringen.“
Durch die Missachtung der gesetzlichen Beratungspflicht wird ein nicht akzeptables Risiko für Tiere, Gewässer und vor allem auch für die menschliche Gesundheit in Kauf genommen. Die Vollzugs- und Kontrollpflichten in Bezug auf die Einhaltung der Bestimmungen der Pflanzenschutzmittelverordnung 2011 liegen beim Bundesamt für Ernährungssicherheit. “Die politische Letzverantwortung hierfür trägt Umwelt- und Landwirstchatsminister Nikolaus Berlakovich. Der Minister muss die durch den Einkaufstest von GLOBAL 2000 aufgedeckten Missstände, die zu einer Gefährdung von Mensch und Umwelt führen, beenden.” fordert GLOBAL 2000.
Quelle: GLOBAL 2000 – http://www.global2000.at
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