Bereits seit fünf Jahren wird bei „Rügenfisch“ keine Leber von Dorschen aus der Ostsee verarbeitet. „Damals“, so der Vorstandsvorsitzende des Rügener Unternehmens Klaus Peper, „wollten wir das Risiko einer möglichen Grenzwertüberschreitung durch Umweltgifte wie Dioxin nicht eingehen.“
Untersuchungen im Auftrag des Landesamtes für Landwirtschaft Lebensmittelsicherheit und Fischerei M-V haben nun bestätigt, dass die Leber von in der Ostsee gefangenen Dorschen stark belastet ist. In den vergangenen fünf Jahren sind 26 Dorschleberproben auf Dioxine, Furane und PCB (organische Chlorverbindungen) analysiert worden. Die Werte aller 21 Proben aus der Ostsee überschritten die Höchstgehalte der geltenden EU-Verordnung.
„Ich möchte betonen, dass alle fischverarbeitenden Betriebe, Handel und Verbände im Land darüber informiert sind und daher amtlicherseits geregelt ist, dass keine Dorschleber aus der Ostsee in den Verkauf gelangt“, unterstreicht Verbraucherminister Dr. Till Backhaus. Und: Dorschleberliebhaber müssen nicht auf ihre Delikatesse verzichten. Die Werte von Stichproben aus dem Handel mit deklarierter Herkunft aus dem Atlantik lagen unter den gesetzlich festgelegten Höchstgehalten.
Mit den Werten, die die Experten im Landeslabor in Ostseedorschleber ermittelten, wird die für den Menschen tolerierbare wöchentliche Aufnahmemenge bei einem einmaligen Verzehr von 200 g Dorschleber für etwa 48 Wochen voll ausgeschöpft*.
Dioxine und Furane können insbesondere durch eine Anreicherung und Speicherung in Organen eine schädliche Wirkung auf die Gesundheit entfalten. Der Mensch nimmt diese Stoffe vor allem über fetthaltige tierische Lebensmittel mit der täglichen Nahrung auf. Die Umwelt-kontaminanten Dioxin und PCB werden hauptsächlich bei Verbrennungsprozessen in der Industrie freigesetzt. Sie sind auch als Altlasten in Böden und Oberflächengewässern vorhanden und gelangen so in die Nahrungskette. Wegen ihrer guten Fettlöslichkeit reichern sie sich unter anderem in der fettreichen, als Entgiftungsorgan fungierenden Leber an. Der Verzehr von Dorschfleisch ist unbedenklich. Der Dorsch ist ein Magerfisch, dessen Fleisch nach den Untersuchungsergebnissen nur gering belastet ist.
Dioxine und PCB sind sehr stabile Verbindungen mit langen Halbwertzeiten. Wegen dieser Stabilität ist eine entscheidende Reduzierung der Belastungssituation bei Dorschleber aus der Ostsee leider nicht zu erwarten. „Wir wenden uns hier speziell an die Angler und Fischer: Konsumieren Sie die Dorschleber aus Ihrem Fang in der Ostsee nicht“, so der Minister.
Dorsch- oder Kabeljauleber aus anderen Meeresregionen gilt vergleichsweise als unbelastet.
Hintergrund/ergänzende Informationen
* Die Fachexperten im Landeslabor ermittelten einen durchschnittlichen Gehalt von 98,4 pg WHO-Toxizitätsäquivalente (TEQ) an Dioxinen/Furanen und dioxinähnlichen PCB pro Gramm Frischsubstanz Ostsee-Dorschleber. Basis der Berechnung: Stellungnahme Nr. 005/2010 des BfR vom 12. Oktober 2009 zu „Kriterien für Verzehrsempfehlungen bei Flussfischen, die mit Dioxin und PCB belastet sind“, S. 3.
http://www.bfr.bund.de/cm/343/kriterien_fuer_verzehrsempfehlungen_bei_flussfischen
Seit Juli 2008 sind in der Verordnung (EG) Nr. 1881/2006 Höchstgehalte für Dioxine und dioxinähnliche PCB in Fischleber festgelegt. Diese Höchstmengen werden in Dorschleber aus der Ostsee in der Regel überschritten: Die Gehalte lagen in den Landesamtsuntersuchungen um das Doppelte bis 10-fache über den geltenden Höchstgehalten.
Diese Substanzen reichern sich im Körperfett an und werden nur sehr langsam wieder ausgeschieden. Sie stehen im Verdacht, krebserregend zu sein. Außerdem kann der Übergang der Dioxine über die Plazenta und Muttermilch ein Risiko für die Gesundheit der Kinder darstellen.
Nr. 31/2013 – 06.02.2013 – LU – Ministerium für Landwirtschaft, Umwelt und Verbraucherschutz
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