Pillen für schlauere Kinder?: Kaum Belege für den Nutzen von Nahrungsergänzungsmitteln
(aid) – Nahrungsergänzungsmittel für Kinder, die sich laut Werbung günstig auf die Gehirnfunktion, Lernen und Konzentration auswirken, sind nicht zu empfehlen. Denn der Nutzen solcher Präparate ist nicht ausreichend belegt, hat eine Untersuchung von Stiftung Warentest ergeben. „Das Beste für das kindliche Gehirn ist eine ausgewogene Ernährung und viel Bewegung an der frischen Luft“, erklärt Ernährungswissenschaftler Harald Seitz vom aid infodienst, Bonn. „Auf teure Pillen und Kapseln können Eltern beruhigt verzichten.“
Für die aktuelle Untersuchung nahm Stiftung Warentest zwölf Produkte mit angeblich günstigen Effekten auf das Gehirn unter die Lupe. Sie überprüften die Produktauslobungen unter anderem anhand von aktuellen wissenschaftlichen Studien und Beurteilungen von Fachgesellschaften. Die Preise lagen zwischen 0,57 bis 1,33 Euro pro Tag.
Die Präparate wurden durchweg als „wenig geeignet“ bewertet, da ihre Wirksamkeit nicht ausreichend wissenschaftlich belegt ist. Der Saft „Lernstark“ liefert Eisen und B-Vitamine, mit denen Kinder über die Nahrung aber ausreichend versorgt sind. Bei B-Vitaminen besteht meist sogar ein Überangebot. Die anderen elf Produkte enthalten Omega-3-Fettsäuren aus Seefisch, teilweise auch zusätzlich Omega-6-Fettsäuren aus Pflanzen, Vitamine, Mineralstoffe und Spurenelemente. Sieben Produkte sind rechtlich Nahrungsergänzungsmittel, während vier Produkte als „ergänzende bilanzierte Diäten“ bei der kindlichen Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung (ADHS) eingesetzt werden. Während bei Arzneimitteln Wirksamkeit und Sicherheit nach hohen wissenschaftlichen Maßstäben bewiesen werden müssen, ist das bei Nahrungsergänzungsmitteln nicht der Fall. Auch bei „ergänzenden bilanzierten Diäten“ sind die Qualitätsstandards nicht eindeutig festgelegt.
Es ist richtig, dass das Gehirn für eine optimale Leistung Omega-3- und Omega-6-Fettsäuren aus der Nahrung benötigt. Und es gibt Hinweise, dass ein Mangel ADHS fördert. In den durchgeführten Studien zeigten die Omega-Fettsäuren jedoch keine oder so geringe Effekte, dass man nicht zur Einnahme raten kann. Auch für Lernen und Konzentration ist die Wirksamkeit nicht erwiesen, informiert Stiftung Warentest. Aus diesem Grund sind Werbeaussagen, dass sich Omega-Fettsäuren günstig auf die geistige Entwicklung oder das Lern- und Konzentrationsvermögen auswirken, seit Dezember 2012 nach der Health-Claims-Verordnung in Europa nicht mehr erlaubt.
„Gesunde Kinder brauchen keine Nahrungsergänzungsmittel“, betont Harald Seitz. Zudem kann ein einfaches Präparat kein Obst und Gemüse ersetzen, da es auf die Gesamtheit der Inhaltsstoffe ankommt. Am besten achten Eltern auf eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder, die die Vielfalt der Lebensmittel nutzt. Reichlich Obst und Gemüse, Vollkorn- und Milchprodukte versorgen das Gehirn mit allen Nährstoffen, die es für eine gute Leistung braucht. Wertvolle Omega-3-Fettsäuren sind in fettem Seefisch wie Lachs, Hering und Makrele, pflanzlichen Ölen wie Lein- und Rapsöl und Nüssen enthalten. Das Spielen an der frischen Luft fördert die Durchblutung und die Nervenvernetzung des Gehirns. Seitz: „So macht Toben im Freien nicht nur Spaß, sondern auch fit für die Schule“.
Heike Kreutz, www.aid.de
Weitere Informationen:
www.was-wir-essen.de, Gesund Essen, Nahrungsergänzungsmittel und Expertenforum Säuglings- und Kinderernährung
aid-Heft „Nahrungsergänzungsmittel – Nutzen oder Risiko?“, Bestell-Nr. 61-1480, Preis: 3,00 Euro, www.aid-medienshop.de
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