(aid) – Über die Frage, ob Adipositas in Deutschland den Status einer Epidemie erreicht hat, sind sich auch Experten uneinig. „Eine Epidemie ist definiert als ein stark gehäuftes, örtlich und zeitlich begrenztes Vorkommen einer Erkrankung“, erläuterte Professor Heiner Boeing vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung Potsdam-Rehbrücke auf einem Workshop des Kompetenznetzes Adipositas und des Nationalen Genomforschungsnetzes plus Ende Oktober 2012 in Berlin.
Wissenschaftler plädieren jedoch dafür, die Adipositas als Krankheit anzuerkennen. Die Zahlen sind bekannt: Rund 16 Millionen Menschen in Deutschland leiden unter schwerem Übergewicht – auch immer mehr Kinder und Jugendliche. Die im Volksmund als Fettsucht bekannte „Krankheit“ hat weitreichende Folgen, die von gesundheitlichen Problemen über körperliche Beeinträchtigungen bis hin zu psychischen Belastungen reichen können und zudem enorme Kosten verursacht. Circa 17 Milliarden Euro entstehen durch schweres Übergewicht für das Gesundheitswesen in Deutschland jährlich, so die Schätzungen.
Übergewicht wurde ungefähr seit 1980 als Problem erkannt und die Zahlen an Betroffenen sind seitdem fortlaufend gestiegen. Heute, 2012, sind fast alle westlichen Industrienationen betroffen – in unterschiedlichem Ausmaß. „Adipositas ist zudem mit einem niedrigen soziökonomischen Status verbunden und somit in sozial schwachen Gegenden stärker verbreitet“, so Boeing.
Derzeit sind circa 23 Prozent der Menschen schwer übergewichtig. Doch der Zahlenvergleich zeigt, dass in den vergangenen Jahren die Zahl der Übergewichtigen insgesamt nicht mehr gestiegen ist. Es findet gegenwärtig nur eine Art Umverteilung statt, denn immer mehr Übergewichtige werden adipös. Ob jedoch zukünftig ein Rückgang an Übergewichtigen zu erwarten ist, kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beantwortet werden. Damit Adipositas als Epidemie bezeichnet werden kann, fehlt aus wissenschaftlicher Sicht nur noch die zeitliche Begrenzung, so das Fazit von Professor Boeing.
Nadia Röwe, www.aid.de
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