Nach dem heute vorgelegten Eckpunktepapier haben Eltern das Recht, unter bestimmten Voraussetzungen in die Durchführung einer Beschneidung ihres noch nicht einsichts- und urteilsfähigen Sohnes einzuwilligen. Nach den Regeln der ärztlichen Kunst durchgeführte Beschneidungen – das umfasst im Wesentlichen die Beachtung der medizinischen Standards zur Schmerzbekämpfung – können demnach nicht als Körperverletzung gewertet und bestraft werden. Dabei wird auch überlegt, dass besonders ausgebildete und zur Beschneidung ähnlich einem Arzt befähigte Personen innerhalb von 6 Monaten nach der Geburt Circumcisionen vornehmen dürfen.
„Das Eckpunktepapier widerspricht sich in vielen Punkten und stößt bei uns auf Ablehnung“, sagt Hartmann. „Wenn in den ersten sechs Lebensmonaten eines Kindes von einer Religionsgemeinschaft dazu vorgesehene Personen Beschneidungen vornehmen dürfen, fragen wir Kinder- und Jugendärzte uns natürlich, wer hier die Schmerzfreiheit des Eingriffs in diesem sehr empfindlichen Alter garantiert. Ein von einer Religionsgemeinschaft beauftragter Nicht-Arzt als Beschneider darf nach geltendem Recht keine Vollnarkose machen, die aber nach übereinstimmender Ansicht pädiatrischer Schmerzspezialisten bei einer Circumcision unverzichtbar ist!“
Auch die Berufung auf die Stellungnahme der Amerikanischen Akademie der Kinderärzte (AAP) vom August 2012 ist sehr fraglich, da inzwischen über 30 pädiatrische Verbände weltweit eine anders lautende Stellungnahme abgegeben haben. Die Stellungnahme der AAP widerspricht allen früheren Stellungnahmen und ist durch Literatur und Forschungsergebnisse nicht belegt.
Die Kinder- und Jugendärzte appellieren daher eindringlich an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages, diesem Eckpunktepapier ihre Zustimmung zu verweigern und dem Recht eines jeden Kindes auf körperliche Unversehrtheit den hohen Stellenwert zu geben, den es in unserer Gesellschaft verdient.
Köln, 26.09.2012
Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte
Dr. W. Hartmann, Präsident
www.kinderaerzte-im-netz.de
www.bvkj.de
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