Auf den meisten Fleisch- und Wurstverpackungen ist eine Bauernhof-Idylle dargestellt. Die Gestaltung ist irreführend, da die Realität der Tierhaltung zumeist anders aussieht. Konkrete Hinweise zur Herkunft des Fleisches fehlen auf den Verpackungen oder sind nur lückenhaft vorhanden. Zu diesen Ergebnissen kommt die Verbraucherzentrale Hamburg, die 18 Etiketten von ausgewählten Fleisch- und Wurstprodukten untersucht, Herkunftsangaben recherchiert und beides miteinander verglichen hat.
Auf 83 Prozent der untersuchten Verpackungen fanden sich grüne Wiesen, auf 56 Prozent waren Fachwerkhäuser als Inbegriff von Beschaulichkeit abgebildet. Auch Mühlen und hohe Bäume sollen in vielen Fällen die Dorfanmutung untermauern.
Bei der überwiegenden Anzahl der untersuchten Fleisch- und Wurstangebote sind Begriffe wie „Bauer“, „Hof“ oder „Land“ Bestandteil des Marken- und Produktnamens.
Auf keiner einzigen Produktverpackung (0 Prozent) wurden konkrete Aussagen zu den tatsächlichen Haltungsbedingungen der Tiere getroffen. Die Herkunft des Fleisches hin zu einem bestimmten Landwirt konnte ebenfalls bei keinem Erzeugnis (0 Prozent) zurückverfolgt werden.
55 Prozent der Hersteller antworteten auf Nachfrage der Verbraucherzentrale, ob es eine Übereinstimmung zwischen der ländlichen Idylle und den Haltungsbedingungen gibt, gar nicht und 28 Prozent nur ausweichend. Lediglich 17 Prozent der angeschriebenen Produzenten waren bereit, Informationen weiterzugeben.
Drei Firmen argumentierten, dass Bilder oder Namen zum Firmenlogo gehörten und eine Verbindung zu den tatsächlichen Aufzuchtbedingungen der Tiere nicht beabsichtigt sei.
Anders als auf den Etiketten der Verpackungen suggeriert, stammt das Fleisch fast immer aus anonymen Agrarfabriken. Die hier gehaltenen Tiere sind in der Regel eingeschränkt in ihrem Platzangebot, haben keinen Auslauf und werden häufig unter massivem Antibiotikaeinsatz in kürzester Zeit auf einen hohen Fleischertrag getrimmt.
„Massenhaftes Leiden gehört zum schlimmen Alltag unserer Nutztiere. Eine Neuausrichtung der Tierhaltung ist längst überfällig“, so Silke Schwartau von der Verbraucherzentrale Hamburg. „Vielen Verbrauchern liegt das Wohl der Tiere sehr am Herzen. Sie wollen sich nicht länger mit bunten Bildern einer heilen Welt abspeisen lassen, sondern sie möchten wissen, ob sie tatsächlich Fleisch aus tiergerechter Erzeugung kaufen. Aber gerade hier tappen sie oft im Dunkeln.“
Ökologisch gehaltene Tiere stellen mit 1,1 Prozent des Fleisch- und Wurstverkaufes noch immer einen Nischenmarkt dar. Auch die idyllische Bild- und Wortwelt herkömmlicher Fleisch- und Wurstangebote verhindert, dass sich ein Marktsegment mit tierschutzfreundlicheren Erzeugnissen entwickeln kann. Denn Verbraucher erfahren auf den Verpackungen nicht, unter welchen Bedingungen die Tiere gehalten beziehungsweise verarbeitet werden. Sie können ihren Konsum nicht entsprechend ausrichten. „Wie bei Eiern sollte auch bei Fleischprodukten die Haltungsform auf den Verpackungen gekennzeichnet werden“, resümiert Schwartau. „Beim Eiermarkt haben sich Verbraucher eindeutig für eine tiergerechtere Haltung“ entscheiden.
Die ausführliche Zusammenstellung der 18 untersuchten Produkte mit Bildern und Erläuterungen kann auf der Internetseite der Verbraucherzentrale Hamburg unter www.vzhh.de heruntergeladen werden.
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