Aachen (fet) – Um Übergewicht langfristig abzubauen, ist eine Ernährungsumstellung unverzichtbar. Dabei reicht es allerdings nicht aus, sich nur auf die Frage nach geeigneten und ungeeigneten Nahrungsmitteln zu konzentrieren. Neben vorhandenen Kochfertigkeiten ist ein wesentlicher Grundpfeiler die Beantwortung der Frage „Esse ich in bestimmten Situationen anders und warum?“
Nahrungsmittel sind längst nicht mehr nur Nährstoff- und Energielieferanten, sondern avancieren für viele Menschen zur Gefühlsarznei. Oftmals essen wir nicht, weil der Magen knurrt, sondern aus Kummer, Frust, Ärger oder Langeweile. Auch das Sitzen in netter Gesellschaft oder die Gewohnheit, zu bestimmten Tageszeiten oder Situationen zu bestimmten Lebensmitteln zu greifen, lassen uns schnell mehr konsumieren als gewollt. Das kritische Hinterfragen des eigenen Essverhaltens ist folglich ein wichtiger Schritt, ungeliebte Gewohnheiten über Bord zu werfen. Hier gilt es Alternativen zu suchen und Strategien zu entwickeln, diese Situationen anders zu meistern. Lautes Musikhören, körperliches Auspowern oder einfach Schreien kann ebenso spannungsabbauend wirken wie die Tafel Frustschokolade. Der nachmittägliche Kaffee kommt sicherlich auch ohne Kuchen oder Gebäck aus. Wer im Kino nicht auf Popcorn verzichten möchte, kann zumindest die kleinste Packung wählen.
Gewohnheiten spielen eine große Rolle in unserem Essverhalten. Vieles beginnt schon in Kindertagen. Die Vorliebe für Süßes und Fettiges wurde uns von der Natur in die Wiege gelegt. Da wundert es nicht, dass Eltern ihren Kindern zur Belohnung Schokolade statt eine Möhre geben. Diese Assoziation bleibt auch später erhalten. In frustrierenden Situationen greifen wir zu Lebensmitteln, die unser Belohnungszentrum im Gehirn stimulieren – seien es nun Süßigkeiten, Chips oder Pommes. Die Hauptsache ist, es schmeckt gut und intensiv. Auch der Weg zum Lieblings-Fastfood-Restaurant wirkt in manchen Momenten wie ein Befreiungsschlag. Je öfter solche Situationen vorkommen, umso mehr gewöhnt sich der Körper daran, Emotionen mit Essen zu verarbeiten. Oft kommt der Appetit auf den Belohnungsstimulator dann automatisch. Auf der anderen Seite scheinen die negativen Gefühle ohne die befriedigenden Speisen nicht mehr verschwinden zu wollen. Eine Art Sucht entsteht. Gerade für Abnehmwillige, die sich selbst strenge Verbote auferlegen, ist das ein Teufelskreis. Diätsünden führen zu Frust, die den Appetit auf das unerlaubte Lebensmittel erst recht entfachen. Nur allzu oft folgt hierauf die Resignation „Nun ist es auch egal!“, zusammen mit der hemmungslosen Hingabe zur Appetitbefriedigung.
Der Ausbruch aus Gewohnheiten ist oft das größte Hindernis beim erfolgreichen Abnehmen. Wenn das Motto bereits vor dem Änderungsversuch heißt „Darauf kann ich aber nicht verzichten“, ist das Diätvorhaben oft schon zum Scheitern verurteilt. Genussmomente gehören zweifelsfrei zu einer gesunden Ernährung, solange es sich um das bewusste Genießen in einer entspannten Situation handelt. Wird der Konsum hingegen zum Zwang, ist eine Änderung dringend notwendig.
Redaktion: Dipl.troph. Christine Langer
Fachgesellschaft für Ernährungstherapie und Prävention (FET) e.V.
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