Den Früchtetee „Landlust Mirabelle & Birne“ von Teekanne kritisiert foodwatch als besonders dreisten Fall von Etikettenschwindel. Teekanne bewirbt den Früchtetee mit dem Versprechen: „Entdecken Sie den ursprünglichen Genuss vertrauter Früchte, die noch in Ruhe heranreifen können.“ Die Mirabellen können tatsächlich ganz in Ruhe heranreifen, denn in dem Tee stecken sie offenbar nicht. Hauptzutaten sind, wie bei den meisten Früchtetees, Äpfel, Hibiskus und Hagebutte – billige Standardzutaten. Die namensgebende Birne rangiert mit acht Prozent erst an vierter Stelle der Zutatenliste, Mirabelle sucht man darin vergebens. Für den Geschmack sorgen Aromastoffe. „Teekanne jubelt den Verbrauchern billig produzierte Industrieware als ,Genuss aus der Natur‘ und ,kleinen Ausflug aufs Land‘ unter und verlangt dafür mehr als vier Euro pro 100 Gramm – das Dreifache dessen, was ein No-Name-Früchtetee kostet. Das ist Geldschneiderei“, so Oliver Huizinga von foodwatch.
Trotzdem prangen große Bilder von Mirabellen und Birnen auf der Verpackung des Landlust-Tees. Diese Verbrauchertäuschung ist bei Früchtetee sogar staatlich legitimiert: Die beim Bundesernährungsministerium angesiedelte Lebensmittelbuchkommission erlaubt es, auf der Verpackung Bilder von Früchten zu zeigen, die der Tee gar nicht enthält. Laut „Leitsatz für aromatisierte teeähnliche Erzeugnisse“ müssen Produktname und Abbildungen lediglich die „Geschmacksrichtung“ beschreiben. Unter Ausschluss der Öffentlichkeit formuliert die Experten-Kommission Leitsätze, die den Herstellern als Richtlinie dienen und auch bei der Rechtsprechung herangezogen werden. „Es ist staatlich legitimierte Verbrauchertäuschung, wenn Hersteller Bilder von Mirabellen auf die Verpackung drucken dürfen, obwohl das Produkt keine Spur dieser Früchte enthält. Dieser Leitsatz muss geändert werden“, so Oliver Huizinga von foodwatch.
foodwatch startete auf www.abgespeist.de eine E-Mail-Aktion, über die Verbraucher von Teekanne das Ende dieser Irreführung und von der Lebensmittelbuchkommission die Änderung des Leitsatzes verlangen können.
Auch andere Hersteller setzen bei der Vermarktung industrieller Produkte auf den Trend zum Landleben und Ursprünglichkeit:
Rotkäppchen verspricht: „Mit Liebe und Sorgfalt produzieren unsere Käsemeister nach handwerklicher Tradition den Rotkäppchen Frischer Landrahm“. Angesichts der Zutatenliste, die unter anderem nicht näher definiertes Aroma, Verdickungsmittel und Farbstoff enthält, kann von „handwerklicher Tradition“ allerdings kaum die Rede sein.
Böklunder bewirbt seine „Echte Land-Bockwurst“ als „Würstchen vom Lande“. Aus welchem Land das Fleisch kommt, verrät Böklunder auf Nachfrage aber nicht. Nicht einmal zu Tierhaltungsstandards oder dem verwendeten Futter kann Böklunder Auskunft geben.
Warum die „Landgurken“ von Kühne so heißen, erklärt der Hersteller wie folgt: Es handele sich um eine „geschmackliche Variation innerhalb der Gewürzgurkenrange, die aufgrund der rezeptorischen Ausprägung (.) einen charakteristischen Geschmack erhält“. Ein spezieller Landgeschmack also. Wie dann wohl Stadtgurken schmecken würden?
Dr. Oetker schrieb an foodwatch: „Die Verbraucher gehen davon aus, dass auf dem Bauernhof oder auf dem Land üblicherweise keine Backmischungen verwendet werden.“ Trotzdem verkauft Dr. Oetker eine „Backmischung Mandarinen Schmand Kuchen“ mit dem Namen „Landgenuss“, die neben dem umstrittenen Zusatzstoff Carrageen auch Aroma und Farbstoff enthält.
Birkel verkauft als „Land“-Nudeln beispielsweise Spätzle und Bandnudeln. Diese „Land“-Produkte zeichnen sich vor allem durch ihren Preis aus: Sie kosten rund ein Drittel mehr als andere Nudelsorten von Birkel.
Die Firma Stolle verkauft tiefgekühlte ganze Hähnchen als „Deutsche Land-Hähnchen“. Gemästet werden die Tiere in herkömmlichen konventionellen Mastbetrieben.
foodwatch e. v. – www.foodwatch.de
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