„Becel pro.activ sollte nur auf ärztliche Empfehlung in der Apotheke abgegeben werden. Unilever sollte den freien Verkauf an Jedermann im Supermarkt stoppen und ein Zulassungsverfahren als Medikament anstrengen, damit die nach dem Arzneimittelrecht zuständigen Behörden den gesundheitlichen Nutzen sowie die Risiken und Nebenwirkungen beurteilen können.“ foodwatch hat heute auf der Internetseite www.abgespeist.de eine E-Mail-Aktion an Unilever gestartet, bei der Verbraucher den Konzern auffordern können, das Produkt aus dem Supermarktregal zu nehmen.
Becel pro.activ sind hochkonzentriert pflanzliche Phytosterine zugesetzt, bestimmte chemische Verbindungen, die praktisch baugleich sind mit Cholesterin. Unilever hat nachgewiesen, dass sie das „schlechte“ LDL-Cholesterin im Blut senken können. Doch Wirkung ist nicht gleich Nutzen: Ob eine durch Pflanzensterine bewirkte Senkung des Cholesterinspiegels auch das Risiko für Herzinfarkte senkt, ist nicht belegt, anders als bei cholesterinsenkenden Arzneimitteln. In der Beeinflussung von Blut-Laborwerten allein jedoch liegt noch kein gesundheitlicher Nutzen. Im Gegenteil gibt es in Studien Hinweise auf erhebliche Nebenwirkungen von Pflanzensterinen. Diese könnten das Risiko für Herzerkrankungen sogar erhöhen, anstatt es zu senken, indem sie verursachen, was sie eigentlich verhindern sollen: Ablagerungen in Gefäßen. Im Herbst 2010 stellten Wissenschaftler in den Niederlanden außerdem erstmals vergrößerte Venen im menschlichen Auge durch Pflanzensterine fest – auch dies könnte für erhöhtes Infarktrisiko sprechen, was dringend eingehend erforscht werden sollte.
„Becel pro.activ für jedes Kind zugänglich neben Rama und Lätta im Supermarkt anzubieten, ist die Aufforderung zu einer womöglich gefährlichen Selbstmedikation“, so Oliver Huizinga von foodwatch. In Übereinstimmung mit der Europäischen Lebensmittelbehörde EFSA rät das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), „dass der Verzehr von Lebensmitteln mit Phytosterinen von gesunden Menschen, die keinen erhöhten Cholesterinspiegel haben, ausdrücklich vermieden werden sollte“. Dazu Oliver Huizinga: „Wenn das staatliche Bundesinstitut für Risikobewertung und sogar die Europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde so eindeutig vor dem Verzehr warnen, sollte sich Verbraucherministerin Ilse Aigner dafür einsetzen, dass medikamentenähnliche Lebensmittel wie Becel pro.activ nicht mehr frei im Supermarkt verkauft werden dürfen. Das Beispiel zeigt, dass man den Gesundheitsschutz nicht der Lebensmittelindustrie überlassen darf.“
Bisher ist gesetzlich zwar ein Hinweis auf der Verpackung vorgeschrieben, dass Lebensmittel mit Pflanzensterinzusatz für Personen gedacht sind, die ihren Cholesterinspiegel senken möchten. So steht auch auf der Becel-pro.activ-Verpackung im Kleingedruckten: „Exklusiv bestimmt für Personen mit überhöhtem Cholesterinspiegel.“ In seiner Werbung jedoch suggeriert der Konzern, mit der Margarine könnte praktisch Jedermann, der nur „ein wenig besorgt“ über seinen Cholesterinspiegel ist, vorsorglich – eben „pro activ“ – etwas Gutes für seine Gesundheit tun. Oliver Huizinga: „Wer sich Sorgen über seinen Cholesterinspiegel macht, sollte zum Arzt gehen und nicht in den Supermarkt – und zu Risiken und Nebenwirkungen fragt man auch besser nicht Unilever, dort redet man über diesen Aspekt von Becel pro.activ nämlich nicht so gerne.“ foodwatch forderte auch die Hersteller anderer cholesterinsenkender Produkte auf, diese als Medikament zu behandeln und nicht länger frei als Lebensmittel zu verkaufen. Dazu gehören Deli Reform Active von den Walter Rau Lebensmittelwerken, Benecol von Emmi sowie Danacol von Danone.
Die Pille zum Aufs-Brot-Schmieren – Jetzt bei Unilever beschweren >
foodwatch e.V.
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