Gesundheit

Diabetes bei Kindern

27.09.11 (ams). Kinder wollen rennen, toben, unbeschwert sein und Spaß haben. Hören Eltern die Diagnose „Diabetes“, fürchten viele zunächst, das müsse nun alles vorbei sein. Doch ist das Leben mit einem gut eingestellten Diabetes erst einmal gelernt, können Kinder heute wie ihre Altersgenossen einen weitgehend normalen Alltag haben.

„Spezialisierte Medizin, Schulungsprogramme und Selbsthilfegruppen unterstützen Familien dabei, ihren ganz persönlichen Weg mit dieser chronischen Krankheit zu finden“, sagt Thomas Ebel, Arzt im AOK-Bundesverband. Rund 20.000 Kinder in Deutschland sind von Diabetes mellitus Typ 1 betroffen. Das bedeutet, dass ihre Bauchspeicheldrüse kein Insulin mehr produzieren kann, das den ausgeklügelten Zuckerhaushalt im Körper regelt. Diabetes mellitus Typ 1 ist die häufigste Stoffwechselerkrankung bei Kindern und Jugendlichen, die Tendenz ist steigend.

Der erste wichtige Schritt für das Leben mit Diabetes besteht nach der Diagnose darin, mit regelmäßigen Insulingaben den Stoffwechselhaushalt der Kinder zu normalisieren. „Dazu eignen sich spezialisierte Abteilungen von Krankenhäusern oder entsprechende Fachzentren“, sagt AOK-Mediziner Ebel. Hier lernen Eltern und Kinder, den Blutzucker zu messen, ihre Ernährung auf die Krankheit abzustimmen, Insulin zu spritzen und auf Warnsignalen des Körpers zu reagieren. Wieder zu Hause, kann das Kind von einem Disease-Management-Programm (DMP) wie „AOK-Curaplan“ profitieren: Regelmäßige Untersuchungen stehen hier genauso auf dem Programm wie altersgerechte Schulungen. Experten stehen den Familien bei allen Fragen und Sorgen rund um das Thema Diabetes zur Seite.

 

Naschen in kleinen Mengen erlaubt

Grundsätzlich gilt: Ist der Stoffwechsel gut eingestellt, sollte das Kind die Chance haben, ein möglichst normales Leben zu führen. Anders als früher bedeutet Diabetes beispielsweise heute keine spezielle Diät mehr. „Ausgewogen und gesund zu essen, ist das A und O“, sagt Ebel. Als Faustregel gilt: Die Kinder sollten reichlich pflanzliche Lebensmittel wie Obst, Gemüse und Vollkornprodukte, aber nur wenig tierische und fettreiche Lebensmittel essen. „Auch Naschen in kleinen Mengen ist nicht mehr tabu.“ Ganz wichtig ist allerdings, dass Eltern und Kinder angeleitet von Experten lernen, wie sie die Energiezufuhr übers Essen und Trinken optimal mit den Insulingaben kombinieren.

Was intellektuelle Leistungen und Sport betrifft, können Kinder mit Diabetes genauso gut lernen und genauso schnell rennen wie andere Kinder. „Es gibt keinen Grund, bei ihnen andere Maßstäbe anzulegen als bei gesunden Kindern“, sagt Ebel. Allerdings stoßen betroffene Familien oft auf große Unsicherheit bei Erziehern und Lehrern. Viele haben Angst, etwas falsch zu machen oder auch, im Notfall nicht zu wissen, was zu tun ist. Deshalb ist es wichtig, dass die Eltern sie von sich aus möglichst offen und umfassend informieren. „Sagen Sie ihnen konkret, was Ihr Kind selbst kann, wann es Unterstützung braucht und was im Notfall zu tun ist“, sagt AOK-Arzt Ebel. Auch sollten Eltern keine Scheu haben, Erziehern und Lehrern Infomaterial an die Hand zu geben. Die Kultusministerien der Länder beraten Pädagogen zum Teil sehr gezielt auf ihren Websites, wie sie sich in bestimmten Situationen verhalten sollten.

 

Offener Umgang mit der Krankheit

„Eine ganz wichtige Aufgabe von Erziehern und Lehrern besteht darin, den Kindern innerhalb der Gruppe keinen ‚Exoten-Status‘ zu verleihen“, sagt Ebel. Am besten funktioniert das, wenn die anderen Kinder gut darüber informiert sind, was mit ihrem Altersgenossen los ist. Je selbstbewusster das Kind mit seiner Krankheit umgeht, desto leichter ist das. Der informative und offene Umgang trägt ganz wesentlich dazu bei, dass es erst gar nicht zu Hänseleien und Außenseiter-Dasein kommt.

Wenn es um Essen zu einer bestimmten Uhrzeit, Blutzuckermessen und Spritzen geht, sind schon Grundschüler hierbei meist ziemlich fit und selbstständig. Allerdings müssen die Lehrer sie im Schulalltag in der Regel noch daran erinnern, weil sie andere Dinge im Kopf haben. Sinnvoll ist es auch, dass Lehrer immer eine Portion Traubenzucker parat haben, falls das Kind unterzuckert sein sollte. Toben, Schulsport, AGs, Sportvereine – ein Kind mit Diabetes kann alles mitmachen, muss aber zwischendurch bei Bedarf zuckerhaltige Nahrung oder Getränke zu sich nehmen können. Besonders bei Sport, der Kraft und Ausdauer erfordert, kann das nötig sein. Stehen ein Ausflug oder eine Klassenfahrt an, gilt auch hier: Die Pädagogen müssen auf jeden Fall Bescheid wissen und für den Notfall gerüstet sein.
 
Essen, Messen, Spritzen – einmal gelernt, wird die eher technische Seite des Diabetes bei den meisten Patienten schnell Routine. Je nach Alter gehen Kinder und Jugendliche jedoch anders mit ihrer Krankheit um. Was das Grundschulkind noch als normal hinnahm, empfindet die pubertierende 14-Jährige vielleicht als peinlich und belastend. „Die ständige Herausforderung für Eltern besteht darin, ihr Kind in all diesen Lebenslagen gut zu begleiten, ohne das Thema Diabetes ständig in den Vordergrund zu stellen“, sagt Ebel.

„Wie war der Blutzucker?“ ersetze nicht selten in Diabetiker-Familien die Frage „Wie war es in der Schule?“. Gerade in der Pubertät führt diese Sorge um das Wohlbefinden vielfach zu Auseinandersetzungen mit den Heranwachsenden, die die ohnehin schwierige Lebensphase in der Familie weiter belasten. Jugendliche sind schnell genervt, wenn sie immer wieder hören, welche langfristigen Folgen unvernünftiges Verhalten bei Diabetes haben kann.

Positive Motivation lautet hier das Zauberwort: „Die Eltern sollten besser darauf aufmerksam machen, was der ausgeglichene Stoffwechsel jetzt mit ihnen macht, statt sich auf später zu konzentrieren“, sagt Ebel – und weiß natürlich auch: Das ist oft leichter gesagt, als im Alltag getan. Die besten Tipps und Tricks sowie den meisten Trost für den Alltag finden Patienten oftmals bei Gleichgesinnten in Selbsthilfegruppen. Sie gibt es nicht nur für die Eltern von Diabetiker-Kindern, sondern auch für die Kinder und Jugendlichen selbst.
 
Weitere Informationen zum Disease-Management-Programm (DMP) „AOK-Curaplan“
 http://www.aok.de/bundesweit/gesundheit/chronischkranke-curaplan-108.php

 

Weitere Tipps für Eltern: http://www.kindunddiabetes.de/

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