Familie & Erziehung

Schlafwandeln: Wenn Kinder „nachtaktiv“ sind

(dgk) Kurz nach Mitternacht: Mit starrem Gesichtsausdruck und scheinbar zielstrebig tapst die fünfjährige Emilie den Flur entlang. Die Augen sind weit geöffnet, doch sie schläft tief und fest. Schlafwandeln mag zwar ein spektakuläres Phänomen sein, selten ist es aber keinesfalls.

Vor allem im Kindesalter nicht: In einer im Jahr 2008 durchgeführten Studie über Schlafstörungen bei Kindern im Einschulalter fanden Forscher heraus, dass etwa drei Prozent der untersuchten Kinder manchmal schlafwandeln. „Schlafwandeln taucht bei Kindern im Alter zwischen drei und fünf Jahren häufig zum ersten Mal auf, in der Pubertät verschwindet es dann meist wieder“, erklärt Professor Bernhard Schlüter, Oberarzt im größten Kinderschlaflabor Deutschlands in der Vestischen Kinder- und Jugendklinik Datteln. Schlafwandeln, wissenschaftlich als Somnambulismus (lat.: somnus = Schlaf, ambulare = wandern) bezeichnet, ist keine Krankheit. Das medizinisch zu den Aufwachstörungen gehörende Phänomen ist meist harmlos und macht nur in Einzelfällen einen Besuch beim Kinderarzt nötig, und zwar besonders dann, wenn das Ereignis über einen längeren Zeitraum oder fast jede Nacht auftritt.

Warum Schlafwandeln bei dem einen auftritt und bei dem anderen nicht, ist noch nicht abschließend geklärt. „Oft tritt Schlafwandeln familiär gehäuft auf, die genetische Veranlagung spielt also eine Rolle“, so Schlüter. Die Neigung dazu kann durch fiebrige Erkrankungen, psychischen Stress oder Lärm verstärkt werden. Beim Schlafwandeln handelt es sich laut Schlüter um ein unvollständiges Erwachen, oft aus dem ersten Tiefschlaf heraus, weshalb es häufig ein bis zwei Stunden nach dem Einschlafen auftritt.

Obwohl sie sich im Schlafzustand befinden, tun Schlafwandler durchaus logische und folgerichtige Dinge. So ist es nicht ungewöhnlich, dass sie sich des Nachts am Kühlschrank bedienen oder Mantel und Schuhe anziehen und die elterliche Wohnung verlassen. Am nächsten Morgen erinnern sie sich an nichts. Wenn Ihr Kind schlafwandelt, sollten Sie daher Vorsichtsmaßnahmen treffen, denn die sogenannte schlafwandlerische „Sicherheit“ ist ein gefährlicher Irrtum: Schlafwandler bewegen sich meist geradeaus, selbst dann, wenn ihr Weg zu Ende ist (Absturzgefahr), oder essen bei Nachtmahlzeiten die Verpackung mit. Daher sollte man den Betroffenen, sofern man den nächtlichen Spaziergang bemerkt, so behutsam steuern, dass er wieder allein ins Bett findet. Achten Sie darauf, dass alle Fenster, Wohnungs- und Balkontüren gut verschlossen sind. Nützlich kann es auch sein, an der Kinderzimmertür ein kleines Glöckchen anzubringen, das Sie in der Nacht darauf aufmerksam macht, wenn Ihr Kind „auf Wanderschaft“ geht.

Schlafwandeln kann sich aber auch in einer weniger dramatischen Form bemerkbar machen:
Das Kind richtet sich im Bett auf und führt einfache motorische Bewegungen immer wieder aus. Es wischelt über die Bettdecke oder zupft an irgendetwas herum – und schläft dann weiter.

Es gibt Hinweise darauf, dass Schlafwandeln bei Schlafmangel häufiger auftritt. Regelmäßige und ausreichende Schlafenszeiten können dem nächtlichen Spuk daher entgegen wirken.

Quellen:

(1) Lehmkuhl, Gerd; Wiater, Alfred; Mitschke, Alexander; Fricke-Oerkermann, Leonie Schlafstörungen im Einschulalter – Ursachen und Auswirkungen Sleep Disorders in Children Beginning School: Their Causes and Effects MEDIZIN: Originalarbeit, DOI: 10.3238/arztebl.2008.0809

(2) Guilleminault C, Palombini L, Pelayo R, Chervin RD. Sleepwalking and sleep terrors in prepubertal children: what triggers them? Pediatrics 2003; 111: e17-e25

(3) http://www.kindergesundheit-info.de, dem Online-Portal der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) zur Förderung der Gesundheit und Entwicklung von Kindern

(4) Ärzte Zeitung online: Neue Diagnose und Therapie bei Schlafwandeln; 20.03.2008

 

DEUTSCHES GRÜNES KREUZ
Internet: www.dgk.de

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