Unfälle im Wasser – die Gefahr am Strand und in der Wanne

Die gute Nachricht vorweg: Das Risiko für Kinder, durch einen Unfall ums Leben zu kommen, ist in den letzten 20 Jahren um mehr als zwei Drittel gesunken. Nach Angaben der Stiftung Kindergesundheit gilt das für die Verkehrsunfälle ebenso wie für Unfälle zu Hause und in der Freizeit. Nach der letzten verfügbaren Statistik starben im Jahr 2009 in Deutschland 106 Kinder unter 15 Jahren bei einem Verkehrsunfall, bei 29 waren Verbrennungen die Todesursache, 39 Kinder ertranken. Doch gerade zum Risiko im Wasser gibt es auch eine schlechte Nachricht: Die Zahl der Todesfälle durch Ertrinken stagniert auf hohem Niveau.

„Einer der Gründe für die Besorgnis erregende Entwicklung ist die zunehmende Zahl von Nichtschwimmern. Schwimmen können ist aber lebenswichtig!“, sagt Kinder- und Jugendarzt Professor Dr. Berthold Koletzko, Vorsitzender der Stiftung Kindergesundheit und verweist auf die regelmäßigen Erhebungen der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft DLRG. Nach ihren Erkenntnissen sind knapp 35 Prozent der Kinder und Jugendlichen und ein Viertel der Erwachsenen in Deutschland Nichtschwimmer oder schlechte Schwimmer.

So ergab eine Umfrage der DLRG bei Schulleitern und Sportlehrer von rund 1.200 Grundschulen: Nur 77 Prozent der Grundschüler haben am Ende der vierten Klasse eine Seepferdchenprüfung absolviert. Nur 55 Prozent erwarben das Jugendschwimmabzeichen in Bronze. Letzteres betrachtet die DLRG als Mindestanforderung für einen sicheren Schwimmer.

In Zukunft könnten es sogar noch mehr werden: Durch die krisenbedingte Schließung von Schwimmbädern und den immer häufigeren Ausfall des Schwimmunterrichts in den Schulen steigt die Zahl der nicht schwimmenden Kindern weiter. Laut DLRG bieten 11,6 Prozent der Schulen keinen Schwimmunterricht an. Auf die Frage, warum kein Schwimmunterricht erteilt wird, lauteten die Antworten: Es steht kein Schwimmbad zu Verfügung, der Transport der Schüler dauert zu lange, es fehlen Lehrer, die Schwimmen unterrichten dürfen, außerdem sei der Transport der Schüler einfach zu teuer.

Die Folgen spiegeln sich in der Zahl der tödlichen Wasserunfälle wieder. Nach Angaben der DLRG starben  im vergangenen Jahr 438 Menschen in deutschen Gewässern. Dabei ist es dem über weite Strecken kühlen und verregneten Sommer zu verdanken, dass die Ertrinkungszahlen nicht höher ausgefallen sind.

Gartenteich – die tödliche Falle

Das Risiko zu ertrinken, ist für Jungen deutlich größer als für Mädchen. Weltweit ist Ertrinken bei den Jungen zwischen fünf und 15 Jahren die häufigste unfallbedingte Todesursache. Auf einen tödlichen Unfall kommen weitere vier mit stationärer Behandlung und mit der drohenden Folge einer schweren geistigen Behinderung.

Naturgemäß ereignen sich die meisten Wasserunfälle in der warmen Jahreszeit an den Stränden der Urlaubsorte und an den Ufern der Flüsse, Binnengewässer, Kanäle und Baggerseen. Doch sind das Ertrinken und die in noch weit höhere Zahl nicht tödlich verlaufenden Ertrinkungsunfälle (das so genannte Beinahe-Ertrinken) keineswegs auf den Sommer beschränkt, berichtet die Stiftung Kindergesundheit in ihrer aktuellen Stellungnahme.

Mit der an sich erfreulichen Zunahme der Biotope und Gartenteiche ist die Gefahr für kleine Kinder auch während des ganzen Jahres größer geworden. Sie können nämlich in jeder Art von Wasser, selbst im seichtesten Ertrinken: In einer Regentonne genauso wie in einem flachen Tierteich, in der Toilette oder in der Badewanne genauso wie im Swimmingpool oder sogar in der Regenpfütze, die sich auf der Abdeckung des Swimmingpools bildet.

„Die Hauptursache für dieses erhöhte Risiko kleiner Kinder liegt paradoxerweise in einem bei diesen Kindern besonders stark ausgeprägten Schutzmechanismus“, erklärt Professor Koletzko: „Beim plötzlichen Eintauchen ins Wasser setzt bei ihnen ein schockartiger Atemreflex ein, der Kehlkopf und die Lunge schließt. Durch den Stimmritzenkrampf wird die Atmung blockiert und nicht selten erstickt das Kind, ohne dass auch nur ein einziger Tropfen Wasser in seine Lungen gelangt“.

Kinder bis zu zwei Jahren verunglücken am häufigsten in der Badewanne, gefolgt von Gartenteichen bei den Ein- bis Dreijährigen und offenen Gewässern bei den Zwei- bis Sechsjährigen. Unfälle in Swimmingpools ereignen sich am häufigsten in den ersten sechs Monaten nach Anschaffung des Pools und sind bei frei zugänglichen Schwimmbecken dreimal häufiger als bei eingezäunten Pools. Bei Kindern über sechs Jahren passieren die meisten Unfälle in Schwimmbädern, bei über Achtjährigen sind das Meer oder die Seen die besonderen Gefahrenpunkte.

Die Wiederbelebung muss sofort beginnen

Die früher empfohlene Maßnahme, bei den Ertrinkungsunfällen erst das Wasser aus der Lunge des Verunglückten fließen zu lassen, bedeutet eine nutzlose und gefährliche Zeitvergeudung, warnt die Stiftung Kindergesundheit. Stattdessen sollte man sofort, ohne die geringste Verzögerung, mit der Wiederbelebung beginnen. Dazu wird zuerst die Mundhöhle frei gemacht und eventuelle Fremdkörper entfernt, der Kopf des Kindes im Nacken vorsichtig nach hinten gebeugt und das Kind über Nase und Mund mit vorsichtigen Atemstößen beatmet. Findet man das verunglückte Kind im Wasser, kann die Beatmung unter Umständen bereits im Wasser ausgeführt werden.

Besonders wichtig:

Rettungsversuche nie aufgeben! Durch die Unterkühlung des Körpers im Wasser erhöht sich nämlich die Chance des Kindes, dass die Wiederbelebungsmaßnahmen auch nach längerer Zeit noch zum Erfolg führen. Außer der Beatmung sollte man das Kind vor weiterer Auskühlung schützen, indem man es von der nassen Kleidung befreit und abtrocknet und in eine Decke wickelt.

Im und am Wasser nie alleinlassen
Zur Vorbeugung gegen Ertrinkungsunfälle empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit die Beachtung folgender Regeln:

Babys sollten nur in speziellen Badewannen baden und dabei auf keinen Fall alleingelassen werden. Erwachsene dürfen sich niemals, auch nicht für kurze Zeit, von dem Kind wegbewegen.

Das Gleiche gilt für Kleinkinder: Sie sollten niemals allein, sondern nur unter Aufsicht eines Erwachsenen baden. Die Verantwortung dafür sollte nie auf ältere Geschwister übertragen werden.

Ist ein Kleinkind in der Familie, sollten Swimmingpool oder Gartenteich mit einem soliden, nicht zu erkletternden, mindestens einen Meter hohen Zaun umgeben sein.

Regentonnen brauchen einen festen Deckel.

Auf Booten müssen Kinder Schwimmwesten anlegen.

Nach dem dritten Geburtstag sollten Kinder das Schwimmen lernen, empfiehlt die Stiftung Kindergesundheit. Vorher dürfen sie nur mit Schwimmflügeln mit doppelten Luftkammern ans Ufer oder an den Strand. Auch Kinder, die Schwimmärmel tragen, dürfen nie alleine gelassen werden. Aufblasbare Teile wie Schwimmreifen, Matratzen oder Gummitiere sind nur Spielzeug, aber keine Schwimmhilfen! Auch bereits gute Schwimmer sollten nie aus den Augen gelassen werden.

Wichtige Informationen zur Unfallverhütung vermitteln im Internet:

die Bundesarbeitsgemeinschaft Mehr Sicherheit für Kinder unter www.kindersicherheit.de;

die Bundeszentrale für gesundheitlich Aufklärung unter http://www.bzga.de/kindersicherheit;

die Aktion Das sichere Haus unter http://www.das-sichere-haus.deo

Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft unter www.dlrg.de

 

 

Stiftung Kindergesundheit
www.kindergesundheit.de

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