Das Activia-Märchen – Wie Danone die (fast) perfekte Werbelüge schuf

Bild: foodwatchEine Wunderwaffe gegen „Blähbauch“ und der Garant für perfektes Darmwohlbefinden? Von wegen! Aufgebläht ist bei Activia vor allem die Marketingstrategie, kritisiert die Verbraucherorganisation foodwatch. „Activia kann eine träge Verdauung nicht regulieren, wie das Danone in seiner Werbung suggeriert“, erklärt Anne Markwardt, Leiterin von abgespeist.de, der foodwatch-Kampagne gegen Etikettenschwindel. „Selbst wenn sich bei manchen subjektiv ein besseres Darmwohlbefinden einstellen mag – das kann man auch mit altbewährten Hausmitteln wie Trockenpflaumen oder einem Spaziergang haben, und zwar sehr viel preisgünstiger. Das Geld für den gefühlten Activia-Effekt wäre besser in eine ausgewogene Ernährung investiert.“

Auf der Internetseite www.abgespeist.de hat foodwatch heute eine Recherche zu Activia veröffentlicht, die Verbraucher können sich mit einer E-Mail-Aktion direkt bei Hersteller Danone beschweren. Dessen Werbemasche basiert auf Formulierungskniffen und minimalen, aber umso stärker aufgeblasenen Effekten. Auf seiner US-amerikanischen Internetseite gibt der Konzern selbst zu, dass Activia Verstopfung und andere Verdauungskrankheiten weder behandeln noch vor ihnen schützen könne.

 

So funktionieren Danones Tricks:

Trick Nr. 1 – Aufgeblähte Wissenschaft: Selbst die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus den von Danone selbst finanzierten Studien geben es nicht her, Activia wie ein Gesundheitswunder darzustellen. In einer Danone-Studie schnitt sogar ein Placebo (ein Joghurt ohne lebende Bakterien) besser ab als Activia. Der Konzern konnte mit seinen Studien belegen, dass die Joghurtbakterien im Darm ankommen – dies beweist jedoch noch keinen positiven Effekt auf die Gesundheit. Danone wies nach, dass mehrere Becher Activia pro Tag zu einer Verkürzung der „Darmpassagezeit“ von Nahrung führen – auch das verbessert jedoch nicht unbedingt die Verdauung insgesamt. In weiteren Danone-Studien  gaben Patienten mit dem chronischem Reizdarmsyndrom an, dass sie sich durch den Activia-Verzehr subjektiv besser fühlten – objektiv messbar sind solche Gefühle jedoch nicht, und auf Gesunde übertragen lassen sich diese Ergebnisse ebenso wenig. „Die objektiv messbaren Effekte von Activia sind minimal“, so Anne Markwardt von foodwatch. „Danone aber bläht diese mehr als dürftigen Studienergebnisse zu einer unverfrorenen Werbekampagne auf, um den Verbrauchern einen schnöden Joghurt zum dreifachen Preis zu verkaufen.“

Trick Nr. 2 – Patentierte Einzigartigkeit: Danone hat für Activia einen Joghurtbakterienstamm patentieren lassen und auf den Namen „ActiRegularis“ getauft. Nur Danone kann „ActiRegularis“ vermarkten – und damit zwangsläufig auch jeden auch noch so minimalen Effekt dieser Bakterien als einzigartiges Merkmal von Activia darstellen. In diesem Sinne könnte man auch Trockenpflaumen oder einem Verdauungsspaziergang eine einzigartige Wirkung für die Verdauung attestieren – nur lässt sich damit eben kein Geld verdienen. „Könnte  Danone Verdauungsspaziergänge patentieren und verkaufen, würden das Unternehmen damit wohl dasselbe Geschäft machen wie mit Activia“, so Anne Markwardt von foodwatch.

Trick Nr. 3 – Gefühle statt Fakten: Weil Danone wissen muss, wie dünn die wissenschaftlichen Ergebnisse sind, setzt der Konzern in der Werbung auf Gefühle statt Fakten. In der jüngsten Kampagne lässt Danone (angeblich authentische) Verbraucher sagen, dass Activia sie glücklich, schlank und gesund gemacht habe. Aussagen, die die Werbebotschaften des Herstellers sogar noch überbieten. Und Aussagen, die sich nicht beweisen, aber eben auch nicht widerlegen lassen.

 

„Die Werbestrategie ist so raffiniert, dass Activia sehr nahe an die perfekte Werbelüge heran kommt – und doch bleibt es eine Werbelüge. Ein Joghurt ist ein Joghurt ist ein Joghurt – und kein Wunderprodukt“, so Anne Markwardt. Angesichts eines Zuckeranteils von bis zu 13,4 Prozent (und damit mehr als Cola) können Activia-Produkte der Gesundheit sogar abträglich sein. Übrigens: Dass Öko-Test Activia Natur mit „Sehr gut“ bewertet hat, ist der Tatsache geschuldet, dass das Joghurt keine mikrobiologischen oder sensorischen Mängel aufweist und z.B. keine Aromastoffe zugesetzt sind – die gesundheitliche Wirkung spielte im Test gar keine Rolle. Im Text zum Test schreibt Öko-Test unmissverständlich: „Es gibt keinen Grund, probiotische Produkte essen zu müssen“ (Heft 1/2009).

Das große Activia-Märchen fasst Anne Markwardt so zusammen: „Es war einmal ein armer Konzern, der mit gewöhnlichen Joghurts einfach kein Geld mehr verdienen konnte. Also ließ er sich seine eigene Bakterienkultur patentieren, spürte mithilfe vieler Forscher und noch mehr Aufwand ein paar minimale Effekte auf, nannte diese einzigartig, weil niemand anderes diese „ActiRegularis“-Bakterien vermarkten durfte,  und blies das Ganze zu einer riesigen Werbekampagne auf. Und so lange sich die Bakterien noch drehen, rollt bei Danone der Rubel noch heute.“

Link: www.abgespeist.de