Das Mittelohr ist ein luftgefüllter Hohlraum. Es wird durch das Trommelfell vom äußeren Gehörgang abgetrennt. Im Mittelohr befinden sich die drei Gehörknöchelchen Hammer, Amboss und Steigbügel, welche die Schallwellen in Richtung Innenohr übertragen. Durch die Ohrtrompete, auch Eustachische Röhre genannt, ist das Mittelohr mit dem hinteren Rachenraum verbunden und wird über diese belüftet.
„Bei einer Erkältung können Keime aus dem Nasen-Rachen-Raum über die Ohrtrompete ins Mittelohr gelangen und dort eine Entzündung auslösen“, erläutert AOK-Medizinerin Hoffmann. Besonders häufig leiden darunter Säuglinge und Kleinkinder, da ihre Ohrtrompete noch sehr kurz ist. Durch die Entzündung schwillt die Schleimhaut im Mittelohr und in der Ohrtrompete an, wodurch sich diese verengt. In der Folge können Schleim und Flüssigkeit nicht mehr abfließen und sammeln sich im Mittelohr. Der somit entstehende Druck kann dazu führen, dass das Trommelfell reißt. Durch die Verletzung im Trommelfell kann Flüssigkeit nach außen abfließen, wodurch die Schmerzen zunächst gelindert werden.
Krankheitszeichen beobachten
Ein bekanntes Hausmittel sind Zwiebelsäckchen. Dazu legt man gehackte Zwiebelstückchen in einem Säckchen aus dünnem Stoff mehrmals täglich für etwa eine halbe Stunde auf das schmerzende Ohr. Das Zwiebelsäckchen kann man mit wärmender Wolle oder Watte abdecken und es mit einer Mütze oder einem um den Kopf gewickelten Tuch befestigen.
Wadenwickel tun bei hohem Fieber gut
Bei hohem Fieber können Wadenwickel wohltuend sein. Dazu werden Tücher in Wasser getränkt, ausgewrungen und um die Beine gewickelt. Wichtig ist, dass das dazu verwendete Wasser nicht viel kühler als die Körpertemperatur ist. Die Wickel werden vom Knöchel bis zum Knie um die Beine geschlagen und können bis zu drei Mal ausgewechselt werden. Das Kind bleibt dabei zugedeckt.
„Gehen Sie mit Ihrem Kind zum Arzt, wenn sich die Erkrankung nicht bessert. Falls Sie bereits ein Rezept für ein Antibiotikum haben, sollten Sie es dann einlösen“, rät Hoffmann. Eine rasche Vorstellung bei einem Mediziner oder in einer Klinik ist notwendig, wenn sich das Kind wiederholt erbricht, es ihm deutlich schlechter geht oder es unter anhaltendem oder wieder steigendem Fieber und zunehmenden Schmerzen leidet. Mit einem Säugling bis zum Alter von sechs Monaten sollten Eltern schon bei den ersten Beschwerden einen Arzt aufsuchen. Das gilt auch für sehr kranke und immungeschwächte Kinder oder bei Komplikationen durch die Mittelohrentzündung. Wenn ein Kind bereits am Ohr operiert wurde oder schon Ohrentzündungen gehabt hat, ist ebenfalls ein sofortiger Arztbesuch nötig.
Immer mehr Bakterien sind resistent gegen Antibiotika
Bei einer Mittelohrentzündung in jedem Fall Antibiotika zu geben, halten viele Mediziner und Wissenschaftler für problematisch. Der Grund ist, dass immer mehr Bakterien-Stämme Abwehrmechanismen entwickeln (Resistenz) und die Mittel nicht mehr wirken. Obwohl die Medikamente nur gegen Bakterien wirksam sind, werden sie oft auch zur Behandlung von Viruserkrankungen eingesetzt. „Die häufige Verordnung von Antibiotika bei Kindern mit einer Mittelohrentzündung führt dazu, dass die Medikamente bei anderen Infekten nicht mehr anschlagen“, warnt Professor Dr. Winfried Kern, Leiter der Infektiologie der Universität Freiburg. Er empfiehlt, Antibiotika gezielter einzusetzen. Bei jeder Verordnung sollten Mediziner abwägen, ob der klinische Nutzen für den Patienten größer ist als der Schaden durch die mögliche Entwicklung einer Resistenz.
Untersuchungen des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) haben gezeigt, dass jedes Kind bis zum Alter von zehn Jahren im Jahr 2009 im Schnitt sechs Tage lang Antibiotika einnahm. „In Deutschland werden Kinder bei einer Mittelohrentzündung dreimal so häufig mit Antibiotika behandelt wie in den Niederlanden, obwohl dies nach Ansicht medizinischer Experten keinen Vorteil bringt“, kritisiert Helmut Schröder, stellvertretender WIdO-Geschäftsführer.
Reserve-Antibiotika werden zu sorglos verordnet
Für besonders problematisch hält Schröder den häufigen Einsatz der sogenannten Reserve-Antibiotika. Sie würden zunehmend auch bei normalen Infekten eingesetzt, obwohl sie eigentlich erst genutzt werden sollten, wenn Standard-Antibiotika nicht mehr wirken. „Mit einem sorglosen Einsatz der Reserve-Antibiotika wird deren Wirksamkeit unnötigerweise aufs Spiel gesetzt“, warnt Schröder.
Mehr Infos zum Thema gibt es beim Wissenschaftlichen Institut der AOK (WIdO) und der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin.
AOK-Bundesverband GbR
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