Rückstände von Pflanzenschutzmitteln in Beerenobst
Frische Beeren wie Himbeeren, Erdbeeren, Brombeeren oder Johannisbeeren sind beim Verbraucher wegen ihres fruchtigen Geschmacks und ihrer vielseitigen Verwendbarkeit, insbesondere in den warmen Sommermonaten, sehr beliebt. Aufgrund der Anfälligkeit gegenüber verschiedenen Schaderregern und Pflanzenkrankheiten werden beim gewerbsmäßigen Anbau von Beerenobst häufig Pflanzenschutzmittel eingesetzt. Im Rahmen der amtlichen Lebensmittelüberwachung wurde deshalb auch in diesem Jahr wieder Beerenobst auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht.
Zusammenfassung
Von Januar bis August 2010 wurden am CVUA Stuttgart insgesamt 194 Beerenproben aus konventionellem Anbau und 8 Beerenproben aus ökologischem Anbau auf Rückstände von über 550 Pflanzenschutzmittelwirkstoffen untersucht. Bei den konventionellen Beeren handelte es sich um 112 Proben Strauchbeeren und 82 Proben Erdbeeren vorwiegend aus einheimischem Anbau. Die Beeren wurden von den Lebensmittelkontrolleuren der Lebensmittelüberwachungsämter überwiegend auf Erzeugerebene oder bei Obstgroßmärkten entnommen.
Keine der untersuchten Beerenproben war als gesundheitlich bedenklich einzustufen. Die Quote der Höchstmengenüberschreitungen lag mit 3 % vergleichsweise niedrig. Allerdings waren erneut Beerenproben auffällig, die Rückstände an nicht für die entsprechende Kultur zugelassenen Wirkstoffen enthielten.
Beerenobst aus konventionellem Anbau:
Johannisbeeren: In allen 44 (100 %) untersuchten Johannisbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. 1 Probe (2 %) wurde aufgrund einer Höchstmengenüberschreitung beanstandet. 43 (98 %) der 44 untersuchten Johannisbeeren wiesen Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf (= Mehrfachrückstände). Im Mittel enthielten die Johannisbeeren 6,4 Wirkstoffe pro Probe und einen mittleren Pestizidgehalt von 0,67 mg/kg Johannisbeeren. Bei der Überprüfung der sogenannten „Indikationszulassung“ (siehe Infokasten) konnten in 11 (25 %) untersuchten Johannisbeerproben Rückstände von Pestizidwirkstoffen nachgewiesen werden, die in Deutschland nicht für die Anwendung bei Johannisbeeren zugelassen sind. Des weiteren wurde in einer Probe der Wirkstoff Oxydemeton-methyl nachgewiesen, dessen Anwendung seit November 2004 in Deutschland allgemein und EU-weit seit November 2008 nicht mehr zugelassen ist.
Stachelbeeren: In 15 (94 %) von 16 untersuchten Stachelbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. Diese 15 Proben wiesen auch jeweils Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf, im Mittel waren dies 5,0 Wirkstoffe pro Probe (Ø 0,38 mg/kg Stachelbeeren). Eine Stachelbeerprobe wurde aufgrund einer Höchstmengenüberschreitung beanstandet. In 4 (25 %) Proben wurden Rückstände von nicht für die Anwendung bei Stachelbeeren zugelassenen Wirkstoffen nachgewiesen.
Himbeeren: In 38 von 42 (91 %) untersuchten Himbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden, wovon eine Probe aufgrund einer Höchstmengenüberschreitung beanstandet wurde. 60 % der Proben wiesen Rückstände mehrer Wirkstoffe pro Probe auf. Im Mittel enthielten die untersuchten Himbeeren 2,7 Wirkstoffe pro Probe (Ø 0,34 mg/kg Himbeeren). In einer Probe wurden Rückstände des Fungizids Mepanipyrim nachgewiesen, welches nicht für die Anwendung bei Himbeeren zugelassen ist.
Brombeeren: In allen 4 untersuchten Brombeerproben wurden Pestizidrückstände nachgewiesen. Alle 4 Proben wiesen auch Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf. Im Mittel enthielten die Brombeeren 6,0 Wirkstoffe pro Probe (Ø 0,38 mg/kg Brombeeren). Höchstmengenüberschreitungen konnten in keiner Probe festgestellt werden, jedoch wies eine Probe Brombeeren Rückstände des Fungizids Pyrimethanil auf, dessen Anwendung bei Brombeeren nicht zugelassen ist.
Heidelbeeren: In einer von 3 untersuchten Heidelbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden, wobei die festgestellten Gehalte in allen Proben unterhalb der gesetzlich festgelegten Höchstmenge lagen. Eine Probe wies Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf. Im Durchschnitt enthielten die untersuchten Heidelbeeren 1,3 Wirkstoffe pro Probe (Ø <0,01 mg/kg Heidelbeeren). Rückstände von nicht für die Anwendung bei Heidelbeeren zugelassenen Wirkstoffen wurden nicht nachgewiesen.
Erdbeeren: in 78 von 82 (95 %) untersuchten Erdbeerproben konnten Pestizidrückstände nachgewiesen werden. 73 (89 %) Proben wiesen Rückstände mehrerer Wirkstoffe pro Probe auf. Zwei Proben aus Ägypten und eine griechische Probe wurden aufgrund von Höchstmengenüberschreitungen beanstandet. Im Mittel enthielten die Erdbeeren 4,9 Wirkstoffe pro Probe (Ø 0,37 mg/kg Erdbeeren). Rückstände von nicht für die Anwendung bei Erdbeeren zugelassenen Wirkstoffen wurden nicht nachgewiesen.
Ökologisch erzeugtes Beerenobst
Insgesamt wurden 8 Proben Beerenobst aus ökologischem Anbau (1 x Heidelbeere, 1 x Stachelbeere, 1 x Johannisbeere, 5 x Erdbeere) auf Rückstände von Pflanzenschutzmitteln untersucht. Hiervon stammten 3 Proben aus Deutschland und 5 Proben aus dem Ausland (4 x Spanien, 1 x Argentinien). In 7 der 8 untersuchten Beerenproben aus ökologischem Anbau (88 %) konnten keine Rückstände synthetischer Pflanzenschutzmittel nachgewiesen werden. Lediglich eine Erdbeerprobe aus Spanien wies Rückstände des für die Anwendung im ökologischen Landbau zugelassenen Insektizids Spinosad in Höhe von 0,071 mg/kg auf.
Somit erfüllten bezüglich der Pflanzenschutzmittelrückstände alle untersuchten Bio-Beerenobstproben die Bestimmungen des ökologischen Landbaus.
Fazit und Bewertung
Die Ergebnisse der Untersuchungen zeigen, dass konventionell erzeugtes Beerenobst auch im Jahr 2010 wieder zu den Obstarten gehört, welche einen hohen Anteil an Proben mit Pestizidrückständen aufweisen.
Mit 94 % enthält der überwiegende Teil der untersuchten Beerenproben Rückstände von Pflanzenschutzmitteln. Der Anteil an Proben mit Mehrfachrückständen liegt bei 84 %, die Anzahl an Proben mit Gehalten über den gesetzlich festgelegten Höchstmengen ist mit 3 % jedoch als gering einzustufen. Auch die akute Referenzdosis (ARfD, siehe Infokasten) wurde von keinem der nachgewiesenen Wirkstoffe überschritten.
Die Untersuchungsergebnisse zeigen, dass sich die Beanstandungsquote hinsichtlich der Zahl an Höchstmengenüberschreitungen im Vergleich zum Vorjahr nicht verändert hat. Bei Himbeeren hat sich die Beanstandungsquote hinsichtlich der Anwendung nicht zugelassener Pflanzenschutzmitteln noch einmal leicht verbessert, wohingegen die Beanstandungsquote bei Johannisbeeren wie bereits im Jahr 2009 wieder leicht (von 21 auf 25 %) gestiegen ist. Auffallend ist die Verschlechterung der Situation bei Stachelbeeren. Hier konnte ein starker Anstieg der Beanstandungsquote bezüglich der Anwendung nicht für Stachelbeeren zugelassener Pflanzenschutzmittel von 0 auf 25 % (4 von 16 Proben) festgestellt werden. Nachgewiesen wurden Rückstände der Fungizide Dithianon (3 x) und Difenoconazol (2 x), die für die Anwendung bei Stachelbeeren nicht zugelassen sind
Lesen Sie hier den vollständigen Artikel mit Untersuchungsergebnissen >>
Chemisches und Veterinäruntersuchungsamt Stuttgart
Schaflandstraße 3/ 2
70736 Fellbach
Akute Referenzdosis (Acute Reference Dose, ARfD)
Zur Bewertung von Pflanzenschutzmittelwirkstoffen, die eine hohe akute Toxizität aufweisen und schon bei einmaliger oder kurzzeitiger Aufnahme gesundheitsschädliche Wirkungen auslösen können, eignet sich der ADI-Wert (acceptable daily intake) nur eingeschränkt. Da er aus längerfristigen Studien abgeleitet wird, charakterisiert er eine akute Gefährdung durch Rückstände in der Nahrung möglicherweise unzureichend. Deshalb wurde neben dem ADI-Wert ein weiterer Expositionsgrenzwert eingeführt, die sogenannte acute reference dose (akute Referenzdosis, ARfD). Die Weltgesundheitsorganisation hat die ARfD als diejenige Substanzmenge definiert, die über die Nahrung innerhalb eines Tages oder mit einer Mahlzeit aufgenommen werden kann, ohne dass daraus ein erkennbares Gesundheitsrisiko für den Verbraucher resultiert. Anders als der ADI- wird der ARfD-Wert nicht für jedes Pflanzenschutzmittel festgelegt, sondern nur für solche Wirkstoffe, die in ausreichender Menge geeignet sind, die Gesundheit schon bei einmaliger Exposition schädigen zu können.
Quelle: Bundesinstitut für Risikobewertung