Impfung von Kindern gegen Neue Grippe
In Deutschland sind im Rahmen der europäischen Pandemieplanung drei Influenza A/H1N1-Impfstoffe für die Anwendung ab dem 6. Lebensmonat zugelassen. Aktuelle Meldungen, nach denen der nicht adjuvantierte Impfstoff Celvapan für Kinder besser geeignet sei als die beiden anderen mit neuen Adjuvantien (Immunverstärkern) formulierten Impfstoffe Pandemrix und Focetria, sind bislang nicht durch Studiendaten belegt. Darauf weist die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin (DGKJ) hin. Für den Impfstoff Celvapan der US-Firma Baxter, mit dem zukünftig Angehörige der Bundeswehr geimpft werden sollen, wurden bisher keine Ergebnisse aus Studien bei Kindern vorgelegt.
Bei dem pandemischen Impfstoff, der bei der Bundeswehr zum Einsatz kommt, handelt es sich um einen so genannten Ganzvirus-Impfstoff. In diesem Impfstoff werden abgetötete vollständige Viren verwendet, um eine schützende Immunreaktion auszulösen. Ganzvirus- Impfstoffe wurden früher auch im Einsatz gegen die saisonale Grippe eingesetzt. Das vergleichsweise höhere Nebenwirkungsspektrum dieser Ganzvirus-Impfstoffe hat in der Vergangenheit zur Entwicklung sogenannter Spalt- und Untereinheitenimpfstoffe geführt, die nur noch aus Bruchteilen von Influenza-Viren bestehen und besser verträglich sind.
Die beiden in Deutschland zugelassenen Pandemieimpfstoffe (Pandemrix/GlaxoSmithKline und Focetria/Novartis) stellen ebenfalls Spalt- und Untereinheitenimpfstoffe dar. Beide Impfstoffe enthalten zusätzlich ein Adjuvans: einen Hilfsstoff, durch den die Immunantwort verstärkt wird. Für den Impfstoff Pandemrix mit dem Adjuvans AS03 liegen Verträglichkeitsdaten bei Kindern im Alter von 3 bis 9 Jahren vor, weitere Altersgruppen ab dem Säuglingsalter werden zur Zeit in Studien geprüft. Für den Impfstoff Focetria, der das Adjuvans MF59 beinhaltet, laufen aktuell Studien bei Kindern ab dem 6. Lebensmonat, deren Ergebnisse in naher Zukunft veröffentlicht werden sollen. Darüber hinaus wurden mit einem saisonalen Influenzaimpfstoff (Fluad), der das gleiche Adjuvans MF59 enthält, in den vergangenen Jahren in Finnland Studien ebenfalls ab dem Säuglingsalter durchgeführt. Nach den bisher vorliegenden Daten erweist sich der adjuvantierte Impfstoff als gut verträglich, das gleiche gilt für die Erkenntnisse von Untersuchungen mit Pandemrix bei 3- bis 9-Jährigen.
Die Durchführung der Impfung gegen die Neue Influenza H1N1 ist eine wichtige präventivmedizinische Maßnahme, einerseits zum individuellen Schutz, aber auch zur Verminderung des Risikos der zufälligen Entwicklung neuer, hochpathogener Virusvarianten. Bei der Entscheidung für einen Impfstoff spielen die Erkenntnisse zur Sicherheit und Verträglichkeit aus klinischen Studien, gerade bei Kindern und Jugendlichen, eine wichtige Rolle.
Ohne Frage erwarten Kinder- und Jugendärzte auch für die demnächst bereitstehenden Impfstoffe eine entsprechend umfängliche Datenlage. Die notwendige Entwicklung der Impfstoffe noch vor der anstehenden Influenzasaison hat dies sicher erschwert und die jetzt gewonnenen Studienergebnisse müssen so schnell wie möglich veröffentlicht werden.
Aktuell sind zumindest für Kinder ab dem 3. Lebensjahr Verträglichkeitsdaten für die adjuvantierten Impfstoffe bekannt. Anlässlich der jetzt stattfindenden Diskussion um adjuvantierte und nicht-adjuvantierte Influenzaimpfstoffe sollte sorgfältig abgewogen werden, ob der einzige in Europa zugelassene, bisher nicht für Kinder und Jugendliche geprüfte Ganzvirus-Impfstoff tatsächlich eine vertretbare Alternative darstellt.
Die Ständige Impfkommission (STIKO) empfiehlt die Impfung gegen die Neue Influenza A/H1N1/2009 („Schweinegrippe“) wie auch die Impfung gegen die saisonale Grippe insbesondere für Personen, die ein besonderes gesundheitliches Risiko haben.
„Bei Menschen mit einer Vorerkrankung des Herzens, Diabetes oder Asthma kann eine zusätzliche Infektion mit Influenza zu schweren Komplikationen führen. Das gilt für die saisonale wie auch für die `Neue´ Grippe. Betroffen sind natürlich auch Kinder, die unter einer Grunderkrankung leiden. Nach allem, was wir bisher wissen, erkranken junge Menschen häufiger an der Neuen Grippe. Unter den uns bekannten Todesfällen waren vor allem Menschen mit Vorerkrankungen – auch unter den jungen Opfern. Die Impfung gegen saisonale Grippe bei Kindern und Jugendlichen in den genannten Risikogruppen sollte daher unverzüglich durchgeführt werden. Über den Nutzen der Impfung gegen die Neue Grippe und die möglichen Nebenwirkungen der Impfung, sollten Patienten in den Praxen unbedingt aufgeklärt werden“, appelliert Prof. Dr. Fred Zepp, Präsident der DGKJ und Direktor am Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin der Universität Mainz.
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