Bisphenol A ist ein Xenoestrogen mit estrogenartiger Wirkung (siehe auch Endokrine Disruptoren) und steht im Verdacht, gesundheits- und erbgutschädigend zu sein. Es stört nicht nur die Sexualentwicklung, sondern auch die Gehirnentwicklung bei Mäusen und Vögeln. Aktuellen amerikanischen Untersuchungen zufolge könnte auch die zivilisatorische Fettleibigkeit darin eine der Ursachen haben.
Bisphenol A ist eine vielproduzierte Alltagschemikalie; weltweit werden jährlich mehr als drei Millionen Tonnen davon hergestellt . Die größten Hersteller sind Sunoco, Dow, Bayer und GE . Es wird als Hauptbestandteil bei der Herstellung von Polycarbonat-Kunststoffen (z. B. für Compact Discs, Plastikschüsseln, Babyfläschchen) und Epoxidharzen (ein Filmbildner für Lacke, die beispielsweise zur Beschichtung von Konservendosen und Folienverpackungen) verwendet. Diese Beschichtungen sind auch in einigen Wasserkochern zu finden, die so Bisphenol A an das Wasser abgeben können. Derivate des Bisphenol A wie TBBPA werden als Flammschutzmittel eingesetzt. Einige Arten von Thermopapier enthalten BPA in der Beschichtung, das dadurch in den Papierkreislauf gelangt.
Bisphenol-A-Verbot für Babyfläschchen Bisphenol A in Babyfläschchen wird vorsorglich verboten
Behördliche Bewertungen
Die im Juni 2008 veröffentlichte aktualisierte EU-Risikobewertung von Bisphenol A[10] kommt nach Bewertung der vorliegenden wissenschaftlichen Studien zu dem Schluss, dass für die europäischen Verbraucher kein Anlass zur Sorge bei sachgemäßer Verwendung von Produkten auf Bisphenol A-Basis besteht. Die Studien wurden u.a. von Bayer und BASF finanziert, bedeutenden Herstellern von Bisphenol A. Die frühere EU-Risikobewertung aus 2003, als Bisphenol A im Rahmen der EU-Altstoffverordnung 793/93 auf mögliche Risiken für Mensch und Umwelt untersucht wurde, war zu demselben Ergebnis gekommen.
Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) kommt in ihrer im Juli 2008 veröffentlichten Neubewertung von Bisphenol A in Bezug auf Lebensmittelkontaktanwendungen zu der Behauptung, dass auf Bisphenol A basierende Polycarbonat- und Epoxidharz-Produkte im Lebensmittelkontakt bei vorgesehenem Gebrauch für alle Altersgruppen sicher sind. Die EFSA berücksichtigte in ihrer Bewertung jüngste Studien und Bewertungen, darunter auch die der amerikanischen und der kanadischen Gesundheitsbehörden.
Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR), die in Deutschland zuständige Fachbehörde für die Bewertung von Lebensmittelsicherheit und Verbraucherschutz, hat im Herbst 2008 als Reaktion auf Medienberichte zu neuen Studien mitgeteilt: „Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) hat geprüft, ob die Studien Erkenntnisse liefern, die eine Änderung der gesundheitlichen Risikobewertung erforderlich machen. Das Institut sieht unter Berücksichtigung der Daten aus beiden Studien keinen Anlass, die bisherige Risikobewertung für Bisphenol A zu ändern. Wird die von der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) 2007 festgelegte tolerierbare tägliche Aufnahmemenge (TDI) von 0,05 Milligramm Bisphenol A pro Kilogramm Körpergewicht eingehalten, besteht für Verbraucher kein gesundheitliches Risiko.“
Die französische und die niederländische Agentur für Lebensmittel- und Verbrauchersicherheit (AFSSA und VWA) haben Ende 2008 die EFSA-Bewertung bestätigt.
Wärme, Säuren und Laugen begünstigen das Herauslösen aus dem Kunststoff. Kochendes Wasser beschleunigt die Rate auf das 55-fache. Kanadas Gesundheitsbehörde hat Bisphenol A als gefährlich klassifiziert und will Polycarbonat-Babyflaschen verbieten.
BPA ist auch schon im Hausstaub zu finden, und wurde (wohl) erstmals in der 2001 veröffentlichten Studie[18] von Butte W. dort (in Konzentration bis über 10 mg/kg) nachgewiesen. 2004 wurden in einer Studie des Wiener Umweltbundesamtes bis zu 8.8 mg/kg BPA gefunden. Mittlerweile wird in „Wohngift“-Screenings routinemäßig auf BPA untersucht.
Durch Beschluss der europäischen Lebensmittelbehörde EFSA ist diese Chemikalie nicht als zulassungspflichtig eingestuft und erscheint nicht in der aktuellen Liste. Das Umweltbundesamt, das bereits 2001 das Entfernen von BPA aus Babyflaschen und Lebensmitteldosen gefordert hat [21], ist allerdings weiterhin anderer Ansicht und hat 2009 erneut vor BPA gewarnt und den bestehenden EU-Grenzwert als zu hoch bezeichnet [22]. Das amerikanische National Toxicological Program vermutet „Effekte auf das Gehirn, auf das Verhalten und die Prostata in Föten, Säuglingen und Kindern“.
Bis 2006 galt ein Grenzwert von 10 µg pro kg Körpergewicht und pro Tag für die maximal aufgenommene Menge pro Tag. In ihrer im Januar 2007 veröffentlichten aktualisierten Bewertung von Bisphenol A berücksichtigte die europäische Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA rund 200 Studien und Übersichtsartikel, die seit ihrer ersten Bewertung von Bisphenol A (2002) erschienen waren, inklusive einer umfangreichen „Zwei-Generationen-Studie“ („Two-Generation… Study“) mit Mäusen. Auf Basis der vorliegenden Daten hat die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit den Grenzwert auf 50 µg/kg pro Tag angehoben, entsprechend einem spezifischen Migrationswert von 3 mg/kg. Der Migrationswert lag gemäß der Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) von 1992 bei 0,6 mg pro kg Lebensmittel. Er legt fest, wie viel Bisphenol A ein Lebensmittel durch den Kontakt mit der Verpackung aufnehmen darf.
Im April 2008 hat Kanada als erstes Land BPA offiziell als gesundheitsschädlich („hazardous to human health“) eingestuft und die Verwendung von BPA für Babyflaschen verboten. BPA-haltige Babyfläschchen wurden darauf von führenden Supermarktketten aus den Regalen genommen. Mittlerweile wurde bei behördlichen Untersuchungen festgestellt, dass Bisphenol-haltige Produkte als frei deklariert wurden.
Die 6 größten Hersteller der USA haben im März 2009 angekündigt, den Verkauf von BPA-haltigen Babyfläschchen einzustellen, und damit begonnen, die Produktion entsprechend umzustellen.
Im Februar 2009 hat das Schweizer Bundesamt für Gesundheit (BAG) „die wissenschaftlichen Berichte verschiedener Lebensmittelsicherheitsbehörden ausgewertet und ist der Meinung, dass die Einnahme von Bisphenol A durch Lebensmittel kein Risiko für den Konsumenten darstellt. Dies gilt auch für Neugeborene und Säuglinge.”…“Ein Verbot von BPA würde unweigerlich dazu führen, dass die Hersteller von Verpackungen und Bedarfsgegenständen (Produkte für den Lebensmittelkontakt) auf andere Stoffe ausweichen müssten, deren Toxizität weniger gut bekannt ist. Das würde bedeuten, dass ein gut charakterisiertes Risiko durch ein deutlich schlechter einschätzbares Risiko ersetzt würde.”
Die Lebensmittelsicherheitsbehörde von Australien und Neuseeland (FSANZ) bestätigte im März 2009 die Bewertungen der amerikanischen (FDA) und europäischen (EFSA) Behörden zu BPA in Bezug auf Kleinkinder, und stellt außerdem fest, der Schritt einiger Hersteller, BPA nicht mehr in Babyflaschen zu verwenden, sei eine freiwillige Entscheidung, nicht eine Reaktion auf gesetzgeberische Vorgaben.
In Frankreich hat die französische Gesundheitsministerin Roselyne Bachelot-Narquin im März und April 2009 festgestellt, daß BPA kein Gesundheitsrisiko darstellt, und verweist dabei auf die wissenschaftlichen Bewertungen von AFSSA und EFSA. Sie erläutert, dass das Vorsorgeprinzip für Situationen gelte, in denen keine oder nicht ausreichend aussagekräftige Studien vorliegen. Dies treffe aber auf Bisphenol A nicht zu, denn hier liegen aktuelle fundierte Studien vor. Die kanadischen Behörden hätten aufgrund öffentlichen Drucks, nicht auf Basis der vorliegenden wissenschaftlichen Daten gehandelt. Das Vorsorgeprinzip sei aber ein rationales Prinzip, kein emotionales.
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