Hauptrisiko: verschluckbare Kleinteile – Baden-Württembergs Umweltministerin Tanja Gönner stellte am 9. Dezember 2008 in Stuttgart die ersten Ergebnisse einer Schwerpunktaktion der Marktüberwachungsbehörden des Landes vor, in der wie schon im vergangenen Jahr die Sicherheit von Spielwaren untersucht wurde. Im Mittelpunkt der diesjährigen Überprüfungen standen Holzspielzeuge. Bei jedem dritten der insgesamt 34 überprüften Produkte seien gravierende Sicherheitsmängel festgestellt worden, erklärte Umweltministerin Gönner.
Im vergangenen Jahr hatte der Schwerpunkt der Überprüfungen auf Plüschtieren gelegen, die in den Labors der LUBW Landesanstalt für Umwelt, Messungen und Naturschutz Baden-Württemberg näher unter die Lupe genommen wurden. Mehr als jedes zweite seinerzeit überprüfte Spielzeug fiel wegen gravierender Sicherheitsmängel durch. Die Beanstandungsquote sei bei Holzspielzeugen zwar geringer, so Gönner. Dennoch geben die Ergebnisse Anlass zur Sorge. Das Qualitäts- und Sicherheitsbewusstsein bei Herstellern, Importeuren und Handel lässt weiterhin zu wünschen übrig.
Kleinteile lösen sich ohne allzu großen Kraftaufwand
Nach den vorliegenden Ergebnissen lasse sich bei Holzspielzeugen das hauptsächliche Risiko auf verschluckbare Kleinteile eingrenzen. Das Gefährdungspotenzial liegt in Kleinteilen, die sich ohne allzu großen Kraftaufwand lösen, erläuterte Umweltministerin Gönner. Diese Kleinteile könnten vor allem von Kleinkindern verschluckt werden und so in die Luftröhre gelangen und im schlimmsten Fall zur Erstickung führen. Die zuständigen Regierungspräsidien würden nun mit den Herstellern oder Importeuren der Spielwaren in Kontakt treten, um eine Nachbesserung der Produkte oder die Herausnahme aus dem Handel zu veranlassen. Die Kleinteile müssen besser fixiert werden, so Gönner.
Ungeklärte Formaldehydbelastung – Grenzwerte ab 2009 verschärft
In 14 Holzspielzeugen sei außerdem in den Untersuchungen des Chemischen Veterinär- Untersuchungsamtes Formaldehyd gefunden worden, so Gönner. Die derzeit für die Chemikalie geltenden Grenzwerte in Spielwaren seien zwar eingehalten. Dennoch würden weitere Untersuchungen durchgeführt, um den möglichen Ursachen für die Belastung auf die Spur zu kommen. Es ist noch unklar, woher das Formaldehyd kommt. Bereits ab kommendem Jahr sollen nämlich die Grenzwerte verschärft werden. Dann dürften die jetzt überprüften und mit Formaldehyd belasteten Spielzeuge nicht mehr in Verkehr gebracht werden. Außerdem sind in einem Fall zu hohe Schwermetallwerte gefunden worden, die auf einen auf das Holz aufgetragenen Lack zurück zu führen seien.
Ab 2009 mehr sicherheitstechnische Überprüfungen
Die Prüfergebnisse seien zwar nicht repräsentativ, betonte Umweltministerin Gönner. Die Behörden können nur in Stichproben die im Handel erhältlichen Waren auf ihre Sicherheit überprüfen. Deshalb würden vor allem solche Produkte untersucht, bei denen vom äußeren Anschein vermutet werden könne, dass die Sicherheit nicht so ist, wie sie sein sollte. Eine vollständige Überprüfung aller Produkte ist weder leistbar noch sinnvoll. Die Stichprobenkontrollen haben aber auch generalpräventive Wirkung. Ab kommendem Jahr sollen die Überprüfungen dennoch ausgebaut werden, um den durch die weiter zunehmende Internationalisierung der Märkte gestiegenen Anforderungen gerecht werden zu können. Angestrebt würden jährlich etwa 5.500 Produktprüfungen. Dies entspricht einer Steigerung der Prüfintensität um rund 50 Prozent. Die Hauptverantwortung für die Qualität und Sicherheit von Produkten liege aber weiterhin bei den Herstellern und den Importeuren der Waren sowie beim Handel. In der Kette von der Herstellung bis zum Verkauf muss das Qualitäts- und Sicherheitsbewusstsein einen höheren Stellenwert bekommen.
Baden-Württemberg mit Bundesratsinitiativen erfolgreich
Zwar seien die eingeschränkten Möglichkeiten der Behörden, über festgestellte Sicherheitsmängel die Öffentlichkeit zu informieren, weiterhin unbefriedigend, so Gönner. Die von Baden-Württemberg dazu auf den Weg gebrachten Bundesratsinitiativen hätten jedoch die in der Länderkammer erforderliche Mehrheit erhalten und würden nun auf europäischer Ebene in die derzeit laufende Novellierung der Spielzeugrichtlinie eingebracht. Unser Anliegen ist damit auf der Entscheidungsebene angekommen. Offen sei allerdings inwieweit sich die beabsichtigte Stärkung der Informationsrechte der Behörden am Ende durchsetze. Bisher können Behörden die Öffentlichkeit über Produkte mit Sicherheitsmängeln und die jeweiligen Hersteller nicht informieren, ohne dabei Schadenersatzforderungen in Millionenhöhe zu riskieren. Der Diskussionsprozess ist im Gang.
GS-Zeichen steht für ‚Geprüfte Sicherheit‘
Die dabei derzeit laufenden Bestrebungen der Industrieseite, das in Deutschland eingeführte GS-Zeichen abzuschaffen, seien allerdings kontraproduktiv, mahnte Gönner. Damit wird die Säge am vorbeugenden Verbraucherschutz angesetzt. Das GS-Zeichen sei freiwillig und stehe für eine von unabhängiger Stelle geprüfte Sicherheit. Es gibt den Verbrauchern eine wichtige Orientierung. Nach vorliegenden Informationen wird pro Jahr für circa 50.000 Produkte das GS-Zeichen beantragt. Etwa die Hälfte dieser Produkte muss sicherheitstechnisch nachgebessert werden, bevor das GS-Zeichen erteilt wird. Lege man eine produzierte Stückzahl von ca. 40.000 Einheiten je Produkttyp zu Grunde, so bedeutet dies, dass etwa eine Milliarde Produkte durch das GS-Zeichen den Markt erst nach sicherheitstechnischen Verbesserungen erreicht.
CE-Kennzeichnung ist Reisepass für Produkte
Das in der EU verbindlich vorgeschriebene CE-Kennzeichen gaukle dagegen in vielen Fällen eine falsche Sicherheit vor. Der Hersteller bestätigt damit lediglich, selbst ohne jegliche Überprüfung durch Dritte, die geltenden Sicherheitsvorschriften eingehalten zu haben. Erteilt für sein Produkt einen Reisepass für den europäischen Binnenmarkt. Sanktionen bei Verstößen sind begrenzt und haben keine nachhaltige Wirkung. Das öffnet schwarzen Schafen Tür und Tor. Letztlich könne aber auch trotz verbesserter rechtlicher Grundlagen eine hundertprozentige Sicherheit nie für alle Produkte gewährleistet werden, so Gönner. So spielten neue Vertriebswege wie das Internet eine immer größer werdende Rolle. Eine Überwachung des Internethandels sei jedoch nur sehr eingeschränkt möglich. Der Verbraucher wird weiterhin eine Mitverantwortung tragen. Durch sein Kaufverhalten beeinflusst er, was in den Regalen angeboten wird.
Quelle: Umweltministerium Baden-Württemberg
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